Tagebucheintrag vom 27. Februar 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003,
Seite 55-56
Donnerstag,
27.
Februar,
die
Nacht
war ruhig. In der
Klinik
niemand eingeliefert.
9.00 Uhr
aber kommt Nachricht. In der Stadt ein Anschlag vom Gewerkschaftsverein,
also
Mehrheitssozialdemokraten:
Heute wird übers Schicksal von Bayern entschieden.
Bewahret die Ruhe! Laßt Euch nicht durch Unverantwortliche zum Generalstreik hetzen!
10.00 Uhr
kommt meine
Schwester, bringt schwarze Kleider und erzählt,
wie alles abgesperrt, besonders um das
Ministerium
und den Landtag herum,
wo der
Zentralrat tagt
und dort soll
über Bayern entschieden werden,
ob
demokratische
Republik oder
Räterepublik.
Die öffentliche Lage äußerst kritisch. Die sozialistische Gruppe hat keinen Führer. Das ist der Nachteil von ganz großen Führern, daß nach ihrem Tode keine Führer da sind. Schmitter kein bedeutender Redner und fürchtet für sein Leben. Ein Gewährsmann rät dringend, ich müsse unbedingt noch fern bleiben, und wenn es noch acht Tage dauere.
Aus Wiggers Kurheim Partenkirchen schickt Graf von Plauen wegen seines Bruders, ob ich ihn beruhigen könne oder versetzen soll.
Wenn einmal die Zusammenhänge im Kulturleben klargelegt werden, erst die unabhängige Wirtschaft, dann die unabhängige Moral, dann die Unabhängigen als politische Partei.
Auer hat einmal auf dem Weg zu Graf Podewils gesagt: „Einen Trotzki hat man drei Jahre in München wirken lassen, und es graut einem, wenn man an die Zukunft denke.“ – Aber eine Barmherzige Schwester mehr einzustellen, dazu hat man eine besondere Regierungsentscheidung gebraucht.
Über die Beerdigung von Eisner berichten die Zeitungen: Der Mann mit dem Apostelkopf sei ganz in Blumen gelegen. Landauer sagte in der Rede, er starb wie Jesus und Hus, von der Dummheit gekreuzigt und verbrannt.
Wie sich heute das Wort vom Kaiser ausnimmt, das er zum Nuntius sprach: „In einem solchen Fall sind die Päpste früher Märtyrer geworden“ – weil er nicht mehr für Deutschland eintritt, der Papst – und der Kaiser selber?
Die öffentliche Lage äußerst kritisch. Die sozialistische Gruppe hat keinen Führer. Das ist der Nachteil von ganz großen Führern, daß nach ihrem Tode keine Führer da sind. Schmitter kein bedeutender Redner und fürchtet für sein Leben. Ein Gewährsmann rät dringend, ich müsse unbedingt noch fern bleiben, und wenn es noch acht Tage dauere.
Aus Wiggers Kurheim Partenkirchen schickt Graf von Plauen wegen seines Bruders, ob ich ihn beruhigen könne oder versetzen soll.
Wenn einmal die Zusammenhänge im Kulturleben klargelegt werden, erst die unabhängige Wirtschaft, dann die unabhängige Moral, dann die Unabhängigen als politische Partei.
Auer hat einmal auf dem Weg zu Graf Podewils gesagt: „Einen Trotzki hat man drei Jahre in München wirken lassen, und es graut einem, wenn man an die Zukunft denke.“ – Aber eine Barmherzige Schwester mehr einzustellen, dazu hat man eine besondere Regierungsentscheidung gebraucht.
Über die Beerdigung von Eisner berichten die Zeitungen: Der Mann mit dem Apostelkopf sei ganz in Blumen gelegen. Landauer sagte in der Rede, er starb wie Jesus und Hus, von der Dummheit gekreuzigt und verbrannt.
Wie sich heute das Wort vom Kaiser ausnimmt, das er zum Nuntius sprach: „In einem solchen Fall sind die Päpste früher Märtyrer geworden“ – weil er nicht mehr für Deutschland eintritt, der Papst – und der Kaiser selber?
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Öffentlicher
Protest
1) Gegen
das gewalttätige
Läuten
der
Glocken
vor
und während der Beerdingung
des Herren
Kurt Eisner.
Der
Dompfarrer
erklärt: er lasse sich
lieber erschießen. In
Sankt
Paul
wurde Fenster eingeworfen...
2) Gegen das
gewalttätige
Aushängen
der
Fahnen
an den Kirchtürmen.
3) Gegen
die Verletzung des
Hausfriedens
im
Erzbischöflichen
Palais,
in München, wo sechs
Männer gewaltsam eindrangen und zwei schwarze
Fahnen
unter Androhung von Gewalt und unter dem
rohesten
Benehmen
aushingen. Ob die Menschen wirklich glauben,
mit solcher Trauerkundgebung sei dem
Andenken
des
Eisner
gedient? Ebenso Hausfriedensbruch in Augsburg,
und
Würzburg und in
Bamberg
persönliche
Beleidigungen.
4) Gegen die
Blasphemien
in der
Grabrede
von
Landauer,
worin
Eisner
mit
Jesus
und
Hus
zusammen
gestellt wurde. Er war ein Teil von jener
Kraft,
die Jesus gekreuzigt hat, nicht aber von Jesus selber. Alles Christusgläubige
wird
mit innerer Scham diese Lästerung gelesen haben.
„Er
war einer wie
Jesus
und
Hus
-
O sancta Simplicitas!
Die von der Dummheit und dem Eigennutz
hingerichtet wurden“.
5) Gegen die gewalttätige
Störung
von Volksmission,
siehe besonderes,
zugleich in mehreren Orten.
Dagegen,
dass dem
Nuntius
alle
in die Schweiz
gehenden
Briefe geöffnet wurden.