Tagebucheintrag vom 15. April 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 76

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Dienstag, 15. April Rück-Reise nach München in die Löwengrube. Ecce ascendimus Jerosolymam. Man will mich abhalten, aber erstens darf ich es für den Gründonnerstag und seine Vormesse nicht auf den letzten Tag ankommen lassen und zweitens verlange ich von den Pfarrern, daß sie auf ihrem Posten bleiben, also will ich es auch. Die Nacht im Priesterseminar. Am Abend kommen Präfekt
Erster Präfekt des Knabenseminars Freising war zu dieser Zeit Anton Six. Weitere Präfekten waren Johann Baptist Maier, Jakob Angermaier und Karl Weber.
vom Knabenseminar und Scherg mit dem Rad von München zurück, erzählen, die Stadt sei wie ausgestorben, nur bewaffnete Arbeiter auf allen Straßen und Anschläge, daß die Ausgänge der Stadt bewacht werden.

Früh 3.15 Uhr mit Präfekt Danner auf den Bahnhof, mit dem Arbeiterwagen im Güterzug (der aber wegen Streik leer ist) nach Laim, dort mit Vorortzug nach München. Ein Bahnbeamter will uns freilich hinaus führen, weil er meint, ein Geistlicher könne nicht über den Bahnhofplatz, die Straße war aber gar nicht mehr militärisch gesperrt, in strömendem Regen heim, Caecilie wie die Türhüterin der Apostelgeschichte sehr erschrocken. Im Bahnhof in Freising hört man von 125 Toten, es sind aber nicht so viele.

9.00 - 11.00 Uhr Ordinariatssitzung 11.00 - 12.00 Uhr auf der Nuntiatur. Nuntius hat den Versuch, mich zu verhaften, gleich nach Rom geschrieben. Nachmittag diktiere ich den Aufsatz über Protoevangelium, spreche mit Dr. Gregorius über seine Anstellung und gehe dann 19.00 Uhr ins Mutterhaus.

Abends 18.30 Uhr gehe ich auf Umweg in meine Katakombe. Dort hört man Schießen und Knallen, aber wie ruhig gehen die Abendstunden für die Narren hin. Nur 20.30 - 22.00 Uhr auf einmal Läuten von verschiedenen Gegenden, sogar Zusammenläuten in die stille Nacht hinaus. Es ist Alarmläuten für die Rote Garde, die sich sammeln und gegen die Weiße Garde marschieren soll, die angeblich bei Dachau stehen sollen, wenn es kein Gespensterheer ist.
Dienstag 15. Apr. Rück-Reise nach München in die Löwengrube. /
Ecce ascendimus Jerosolymam. Man will mich abhalten, /
aber
erstens darf ich es für den Gründonn. und seine Vormesse nicht auf den letzten Tag ankommen lassen /
und zweitens verlange ich von den Pfarrern daß sie auf ihrem Posten bleiben also will ich es auch. Die Nacht im Priesterseminar. /
Am Abd kommen Präf. vom Knabenseminar und Scherg mit dem Rad von zurück, /
erzählen, die Stadt sei wie ausgestorben, nur bewaffnete Arbeiter auf allen Straßen und Anschläge, daß die Ausgänge der Stadt bewacht werden.

Früh 3¼ mit Präf. Danner auf den Bahnhof, mit dem Arbeiterwagen im Güterzug (der aber wegen Streik /
leer ist) nach Laim, dort mit Vorortzug nach Mü. Ein Bahnbeamter will uns freilich hinaus führen, /
weil er meint ein Geistlicher könne nicht über den Bahnhofplatz, die Straße war aber gar nicht mehr militär. gesperrt, in strömendem Regen heim, Caecil. /
wie die Türhüterin der Ap. gesch. sehr erschrocken. Im Bahnhof in Freising hört man von 125 /
Toten,
es sind aber nicht so viele.

9 - 11h Ordin.sitzg 11 - 12 auf der Nunt. Nunt. hat den Versuch mich zu verhaften gleich /
nach Rom geschrieben. Nachm. diktiere ich den Aufsatz über Protoev. spreche mit /
Dr. Gregorius über seine Anstellung und gehe dann 7h ins Mutterhaus.

Abds. ½7h gehe ich auf Umweg in meine Katakombe. Dort hört man Schießen und Knallen, /
aber wie ruhig gehen die Abendstunden für die Narren hin. Nur ½9 - 10h auf einmal Läuten von verschiedenen Gegenden, /
sogar Zusammenläuten in die stille Nacht hinaus. Es ist Alarmläuten für die /
Rote Garde, die sich sammeln soll und gegen die Weiße Garde marschieren soll, die angeblich bei Dachau /
stehen sollen, wenn es kein Gespensterheer ist. Aber auch