Geier - MittelmannParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 14. Oktober 1923

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Geier - Mittelmann, 14.10.23. Bringt einen Brief vom Reichskanzler, worin er dankt für die letzte Mitteilung und darüber hinaus bittet, Vorträge in ganz Deutschland zu halten, er will Salonwagen und seine Wohnung in Berlin zur Verfügung stellen. Respondeo: In anderen Diözesen unmöglich. Geier hilft zwar sehr, das wäre in Pommern sehr gut, von den treudeutschen Bayern zu sprechen - und den Kulturkampf zwischen dem protestantischen Norden abzuwehren und dem katholischen Süden ... Einleitend beginne ich: Stresemann ein Mann, der wieder staatsmännisch redet und handelt und den Mut hat, eine staatsmännische Notwendigkeit ohne Rücksicht auszusprechen. Nur scheint mir, ist er zu spät gekommen. Auch das war Mut, daß er die sittlichen Kräfte als unentbehrlich erklärte für Wiederaufbau.

Poincaré wird bleiben? Ja (Geier ist wenig sicher in dem Ja). Und England? Hat jetzt drei italienische Zeitungen gekauft (Corriere della Sera, Il Popolo Romano, [      ]) und bereits Artikel erschienen. Deutschland sei in Not, man muß gerade wie in Österreich helfen durch internationale Anleihe - und das wird von englischer Zeitung übernommen: Sehr richtig.

Von hier aus sei ein Ultimatum gestellt, sagte mir gestern Geier. Das ist schroff, denn damit wird der Weg der Verhandlungen verlassen, das riecht nach Krieg. Aber dann dürfte mein Eingreifen zu spät sein - ohne den Vorwurf zu hören, er fährt uns in die Zügel.

Gegen eine Vortragsreise von mir oder politische Kundgebung sprechen zwei Gründe: 1) Die Sache ist politisch und man wird nicht verstehen, warum ich auf einmal hervortrete damit. 2) Die Entwicklung in Bayern ohne mich dort gekommen und nun auf einmal ich müßte sagen: Ich bin Föderalist und halte die Weimarer Verfassung für ein Unglück (Mittelmann erklärt: Ich auch, ich war immer gegen Weimarer Unitarismus!). Also wären Sie bereit, die föderalistischen Rechte zurückzugeben? Besonders die jetzt geforderte Verkehrshoheit, Finanzhoheit, Militärhoheit? Ja, wenn man nicht fürchten müßte, es steckt mehr dahinter. Wo würde die Entwicklung stehen bleiben? Es gibt dort eine Gruppe Separatisten - wenn aber keinerlei Föderalismus geschaffen werde, ließe sich der bayerische Vormarsch nicht mehr aufhalten. Doch wenigstens soviel: Die Verwaltung von Militär und Bahn auf bayerischen Boden (er erklärt: In Bayern sei kein norddeutscher Eisenbahner angestellt).

Ich erkläre: 1) Ich muß doch dem Ehrenwort glauben, das Rupprecht wiederholt und öffentlich gegeben hat, ebenso Kahr. 2) Bayern kann doch heute nicht allein stehen (Österreich nicht, Tirol nicht) - in diesem Zusammenhang kommt die Furcht auf: Anschluß an Frankreich. Im Reichstag konnte gestern die Frage gestellt werden: Ist es wahr, daß Graf Soden in Paris war. Respondeo: Franzosen fürchten Bayern ja mehr als Preußen, halten München für den eigentlichen Wetterwinkel des Revanchekriegs. Er: Gestern das Ermächtigungsgesetz durchgegangen, also jetzt Diktator mit Vollmacht wie auch Bismarck sie nicht gehabt hat - kann das Ultimatum von Bayern wohl ablehnen, aber nicht erfüllen. Er erwähnt, daß von Pommern gerade von Bayern viele Kartoffeln aufgekauft werden.

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Nachdem der Vorschlag, in anderen Städten Vorträge zu halten, abgelehnt war, - kam zuerst von mir, dann von ihm der Vorschlag: Ein Interview - ist mir zu rein politisch, - die heutige Unterredung? Ich beginne zu formulieren von der Reichstreue Bayerns, aber Forderung des Föderalismus - ist auch zu politisch - wenig politisch, aber in der Form feierlich und eindrucksvoll Predigten in der Michaelskirche: „Es sei unmittelbare Gefahr im Verzug“, also nicht nach Adelholzen, sondern nächsten Sonntag: Nationalsozialismus und Christentum (bleiben Sie bei dieser Grundlage), dann im zweiten Vortrag auf Bayern und Reich gelegentlich. Etwa drei Vorträge. Manuskript zur Verfügung stellen.

Er habe von seinem Standpunkt neulich (Bayern und Reich) dem hochverdienten Leicht Mitteilung gemacht und dem es wahrscheinlich zu verdanken, daß die Bayerische Volkspartei, die von München Weisung hatte, ganz wegzubleiben, bei der Abstimmung wenigstens im Saal war.

Im bayerischen Volke hatte Aufstellung des Kommissars keine rechte Resonanz, weil der Zorn fehlte, wie er bei einer bolschewistischen Regierung dagewesen wäre.

Röhrl: Geschichte Funk
Es könnte sich um Philipp Funk handeln.
, Mager.