Tagebucheintrag vom 5. Juni 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003,
Seite 92-93
5. Juni,
Firmung
in
Giesing.
Ich wäre lieber
nicht mit Auto
in dieses
Spartakistenviertel
gefahren, es war aber kein Wagen zu haben. Auffallend viele
Frauen
in
tiefer Trauer
von den
Revolutionskämpfen
der Roten
Garde
anfangs
Mai her.
Ein Bilderhändler
bietet
einem
Autofahrer
mein Postkartenbild
an.
"Laß mi aus. D'r Eisner wär
mir
lieber."
Hofprediger Stipberger wegen Edith Eiswald. Das Ärgernis gründlich abzustellen und zwar nicht durch Abbau. Ich behalte mir vor, auch für den anderen Teil ernste Saiten aufzuziehen. Er ist natürlich sehr aufgeregt.
14.30 Uhr bei Hofzahnarzt Brubacher wegen des vorderen Schneidezahns, der gekittet wird. Das Material aus der Schweiz nicht mehr zu haben. Es habe ihm einer an der Tür vier Sovereigns in Gold angeboten, er hätte auf der Bank à 80 M haben können. Er gibt mir eine Broschüre über den Anteil der Juden. Die Pförtnerin erzählt, wie der kleine Gehilfe heimgekommen sei: „Erzbischof Faulhaber ist tot“ und alles sei sehr erschrocken.
Gräfin Seinsheim: Antonio bleibt vorerst bei Dieden
Frau Rechtsrat Steinhäuser bringt wieder ein Paket, erhält 3 + 2 M in Silber für ihre Monstranz und bittet später um einen Besuch.
Straßenbilder: Männer, die auf der Straße nach Zigarretenstummeln sich umschauen, wie solche, die nach Gold graben. Eine Gruppe Reichswehr zieht singend durch die drei Straßen, drei Künstler oder Studenten spotten darüber und halten sich die Ohren zu, einer unruhig und Gend hält spaßend die Hände hoch. Alles sehr aufgeregt, weil viele Truppen wieder weg sind, weil nachts immer noch Überfälle auf die Posten und weil Leviné vorgestern zum Tod verurteilt und heute Nachmittag 13.30 Uhr erschossen wurde. Mein Auto wird am Maximiliansplatz auch angehalten, aber gleich wieder frei gegeben. Ein trauriger Anblick. Wie bleich und unterernährt die Kinder in Giesing und Sankt Rupert sind.
Nachts eine große Schießerei, mit Maschinengewehren und einmal Geschütz.
Hofprediger Stipberger wegen Edith Eiswald. Das Ärgernis gründlich abzustellen und zwar nicht durch Abbau. Ich behalte mir vor, auch für den anderen Teil ernste Saiten aufzuziehen. Er ist natürlich sehr aufgeregt.
14.30 Uhr bei Hofzahnarzt Brubacher wegen des vorderen Schneidezahns, der gekittet wird. Das Material aus der Schweiz nicht mehr zu haben. Es habe ihm einer an der Tür vier Sovereigns in Gold angeboten, er hätte auf der Bank à 80 M haben können. Er gibt mir eine Broschüre über den Anteil der Juden. Die Pförtnerin erzählt, wie der kleine Gehilfe heimgekommen sei: „Erzbischof Faulhaber ist tot“ und alles sei sehr erschrocken.
Gräfin Seinsheim: Antonio bleibt vorerst bei Dieden
Wohl ein Verschreiber für Rieden bei Starnberg. Wir danken Herrn Dr. Gerhard Immler, Leiter des Geheimen Hausarchivs im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, für die freundliche Auskunft vom 1.8.2017.
und soll später samt seiner Schwester
von
Hildis
aufgenommen werden. Grüße von
Hildis.
Frau Rechtsrat Steinhäuser bringt wieder ein Paket, erhält 3 + 2 M in Silber für ihre Monstranz und bittet später um einen Besuch.
Straßenbilder: Männer, die auf der Straße nach Zigarretenstummeln sich umschauen, wie solche, die nach Gold graben. Eine Gruppe Reichswehr zieht singend durch die drei Straßen, drei Künstler oder Studenten spotten darüber und halten sich die Ohren zu, einer unruhig und Gend hält spaßend die Hände hoch. Alles sehr aufgeregt, weil viele Truppen wieder weg sind, weil nachts immer noch Überfälle auf die Posten und weil Leviné vorgestern zum Tod verurteilt und heute Nachmittag 13.30 Uhr erschossen wurde. Mein Auto wird am Maximiliansplatz auch angehalten, aber gleich wieder frei gegeben. Ein trauriger Anblick. Wie bleich und unterernährt die Kinder in Giesing und Sankt Rupert sind.
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Die Drahtverhaue vor den
Hotels
und in der
Maximilian-Straße, hier auch Pflaster aufgerissen, machen das Volk sehr ängstlich. Überall Gruppen von Militär;
wahrscheinlich,
um zu zeigen,
daß noch solches draußen ist. Andere wurden Sonntag früh
5.00 Uhr
abgeschickt, in der
Isar
nach Waffen zu suchen.
Es
ist,
als ob alles von
Tag zu Tag wieder einen
Putsch
gewärtige.
Nachts eine große Schießerei, mit Maschinengewehren und einmal Geschütz.