Tagebucheintrag vom 22. November 1918Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 17-18

Freitag 22. Nov.

Auf der Sitzung über die Wahl viele Gespräche, [ ... ] kommt aber wenig dabei heraus, - es herrscht eine unglückliche polit. /
Indolenz
(die Männervereine wollten alle polit. farblos sein) und Verschlafenheit. Noch keine Wahlkassen gegründet. Dom- /
pfr Hartl
hat die Kindheit-Jesu-Gelder nicht in die Schweiz geborgen weil es im Schematism. stehe und nicht legal sei. /
Buchberger teilt mir nach der Sitzung mit, CramerKlett würde mir sein Schloß überlassen im Fall ... und würde es als Beleidigung ansehen wenn ich es nicht annehmen würde.

Mons. Schioppa: Nunt. abgereist, wollte mich vorgestern sprechen. Lössl war bei ihm, im Auftrag des /
Min. präs. Eisner ihm einen Besuch zu machen und mit ihm zu verabreden, beim Gegenbesuch bei Lössl den Min. zu treffen und /
zu sprechen. Er bat sich Bedenkzeit aus, dann haben sie beraten weil ich nicht hier war und sind einig geworden in der Antwort: „Wir wollen keine Beleidigung der Regierung, auch keinen /
Streit aber wir können nach Lage der Dinge diesen Besuch nicht machen - Sie dachten dann daß ich dem Kultusminister auch keinen Besuch gemacht hätte.“

Dann bringt er mir die Antw. des Hl Vaters auf meine Bitte um Intercession, - und die Urkunde daß die causa /
matrimon. hier
in 3. Instanz erledigt werden sollte auf drei Jahre!

Graf Soden, Exminister polit. daß es so schrecklich auf dem Land sei, daß wir für Aufklärung /
der Frauen etwas tun müßten. Die gestr. Versammlung über Kommunismus.

Dr Fischer, Schloßkaplan bei Baron Vequel-Westernach /
kommt zur Türe herein: „Der Hr Baron schickt freundliche Empfehlung“ - Welcher Baron. War zwei Jahre in Berlin zum Studium, wollte sich jetzt /
habilit. hier und die Predigerstelle bei St Cajetan - ist alles unsicher auch wegen der hiesigen Stelle. Nichts versprochen.

Nachm. Prälat Martin Hartl: ich lehne die Verantwortung ab daß er /
die Kindheit-Jesu-Gelder nicht Pac. mitgegeben hat der jetzt abgereist ist.

Helene Zwehl mit der „Bulgarin“: „Die Tochter des Geheimrat“ kommt mit einer /
Kranken in die Frauenklinik, dorthin Schuler bestellt und ich wollte ½ 3 ins Mutterhaus kommen, aber /
abends kommt wieder Nachricht, sie seien nicht gekommen.

Hofkaplan Feßler v. Dresden: Die Familie hätte bei Nacht und Nebel flüchten müssen, erst /
das Ziel x angegeben, dann doch nach y. Bei Joh. Gg erschien ein Soldat und erklärte ihm: Er stehe auf der Liste derer die durch das [ ... ] wegen der /
Gegenrevol. fallen müßten, und er will ihn unter Deckung der roten Fahnen retten. Joh Gg lehnt das ab, bestellte ihn auf 8h wieder und inzwischen reisten sie ab.



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Seine Kunstsammlung sei noch im Schlosse. Wenn die Sekundogenitur aufgehoben (etwa 12 Millionen) würde es sehr einfach hergehen und /
das Hofhalten aufgelöst werden. Der Kronprinz sei gar nicht unglücklich. Er selber stelle sich für München zur Verfügung weil er aus der Diaspora fort will - /
Heute zum Nunt. wegen Paß für seinen Herrn der ihn noch zum Kammerherrn machen wollte.

Prof.Hoffmann - die Alem. Abordnung /
Daß Soldatenrat nicht empfangen als er für die Bitte an den Heiligen Vaters danken wollte, wirft seine Wellen, nun dankt er nicht einmal für den Hirtenbrief.