Persönliches zum HitlerputschParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll/Persönliche Reflexion,
08.11.1923/24.04.1924
Persönliches
z.
Hitlerputsch
/
9. Nov. 1923
8. Nov. abds 8 h war eine Vertrauenskundgebung für Kahr im Bürgerbräukeller /
Ich war bei den ausgewiesenen Pfälzern im Hotel Wagner, wo gegen ½ 10 Expräs. Nortz /
mir mitteilte, Kahr sei von der Hitlergarde gefangen, Regierung gestürzt. Auf dem Heimweg war es noch /
ziemlich ruhig auf den Straßen.
9. Nov. ½ 1 h kommt Stadtrat Rauch zu mir und teilte mit: Kahr Min. /
präs. (Was Kahr? Gegen den richtet sich ja das Ganze), - Ja. Er habe zu Regierungsrat Sommer /
geäußert: Ich konnte nicht anders, ich bin gezwungen worden), Ludendorff Führer der Nationalarmee, Hitler Reichskanzler.... /
Er meint ob man nicht Ruppr. morgen Früh vor die Truppe stellen soll - das scheint mir unmöglich. Er will aber zu Soden /
gehen der inzwischen selber verhaftet wurde. Knilling sei bei der Verhaftung zusammengebrochen.
½ 8 (?) Dr. Brem - die Lage hat sich gedreht. ½ 11 sei ein Funk- /
spruch ergangen: Kahr Lossow Seisser hätten sich von Hitler losgesagt und rufen /
Reichswehr und Landespolizei auf gegen ihn und für ihre rechtmäßige Regierung. Jetzt wäre wohl der Augenblick für R. einzutreten wenn sie Herren der /
Lage bleiben. Er ersucht mich wegzugehen.
8 h Dr L Müller: Er habe Telef. bekommen, die bürgerlichen Zeitungen dürften nicht erscheinen bei /
Todesstrafe. Er kam die Nacht natürlich nicht aus den Kleidern. Dringend bittet er mich wegzugehen, es seien zum Teil die /
gleichen Elemente wie 1918. Das Stadtbild vormittags noch ziemlich ruhig aber Nachmittag großes Gedränge auf den Straßen.
ca 10 h Abgeordneter Mattes von Amberg - kommt wohl im Auftrag der Bayer. /
Volkspartei, wenigstens sagt er: Wir waren heute Nacht im Frauenbund, Held ist nach Regensburg „verkrümmt“, /
- beschwört mich, fortzugehen, die kommenden Ereignisse seien unberechenbar. Auch wegen seiner zwei Schwestern /
in Indien im Kloster, von der frz Oberin sehr mißhandelt - soll an den Bischof schreiben (ich würde seine Person bestätigen)
Ammann
Bringt einen Brief von seiner
Mutter:
„Da beim Endkampf zwischen
Kahr
/
Lossow Knilling einerseits und Hitler Ludendf andererseits Überraschungen nicht ausgeschlossen sind, /
die Bitte ich möge mich zurückziehen. Giehrl schreibt darunter, daß er ganz dieser Meinung sei und am liebsten persönlich gekommen wäre. /
Der junge Ammann fügt dazu, „auch uns der Jugend “ müssen sie sich erhalten“.
Gen. Vikar Buchb. - war im Auto von Au zurückgekommen /
unterwegs gar keine Controlle, auch nicht auf der Isarbrücke wo sich die beiden Heere gegenüberstehen. Auch er bittet dringlich
Nachm 3 h Baron Stengel (unbekannt - ich glaubte bei der Anfrage er komme im Auftrag /
des Kronprinzen): Ob ich nicht vermitteln könne zwischen den beiden die alle das Gleiche wollten - resp. Die wollen nicht das Gleiche, /
Kahr ist die rechtmäßige Regierung, die anderen sind Revol., er meint es müssten eben alle von ihrer Stelle zurücktreten was nicht einzusehen ist. /
Außerdem Er hätte einen Handelsvertrag mit Amer. über die Schweiz und will mir lange und breit auseinandersetzen - er meint /
offenbar ich gebe Geld dazu - „Also dann können Sie nichts tun“.
Abds ½ 7 zu Fuß ins Mutterhaus. Unterwegs bei den Anschlägen von Kahr /
stehen geblieben. Da fallen schon die Ausdrücke: Der Hund und andere Namen für Kahr. Die Anschläge zum Teil wieder abgerissen. /
Die Nacht war zieml. ruhig. Zwar Schreien und Johlen vor der chirurg. /
Klinik und sonst in der Stadt, aber kein Schießen mehr.
Samstag 10. Nov. gehe ich früh 8 h wieder zurück, weil 9 h Ordin.sitzung ist.
½ 3 mit Min.rat Sterner im Auto nach Töging zur Kirchen /
konsekr. - In der Theatinerstr. berittene Landespolizei mit Lanzen und dahinter zwei /
Schutzmänner zu Fuß um die Pfeiffenden abzufangen.
Sonntag 11. Nov. abds 8 h zurück im Auto (Ruben- /
bauer hatte mich auf Anruf von Pfaffenb. im Bahnhof erwartet) - die zur Bewachung der Promen.straße /
befohlenen Schutzmänner kommen 1 St. später sich entschuldigen, „sie hätten gerade in einer anderen Straße zu tun gehabt“ - die Straßen im Osten /
der Stadt sehr leer, in der Maxim. und Maffeistr. steht Reichswehr im Sturmhelm - /
Ein Schutzmann versichert in der Maffeistr. dem Min.rat Sterner, es sei alles ruhig, es sei kein Streik /
- also fahren wir weiter. Die Promen.str. aber plötzlich belebt, unser Wagen wird sofort um- /
ringt von etwa dreißig Männern - sie lassen mich aber schweigend durch, auch als ich noch einmal zum Wagen zurück ging - /
erst als ich im Hause war ging das Pfeiffen und Schreien los und nun erfahren wir: Gestern in der Univ. /
Versammlung gegen mich, dann Zug durch die Stadt und die Schreie: Nieder mit Kahr, nieder mit /
Faulhaber, - abends hätte ein Stud. bei der Katzenmusik eine Rede gegen mich gehalten (in Wirklichkeit /
hat er nur gerufen „nieder mit Faulh.“), - aber bald leert sich die Promen.str. - /
Sekr. Wehner hat zu viel Angst, im Hause zu bleiben und geht noch heim.
Mo 12. Nov. Früh 6 h im Auto ins Mutterhaus - es ist noch dunkel /
und dort den Vorm. geschlafen. Zucker trotzdem 0,4 und unregelmäßiger Puls.
Lurz schreibt lateinisch: Große Drohungen ausgestoßen weil ich im Preysing- /
Palais mit Komiss Kahr und Prinz Rupp. über die Donaumonarchie verhandelt /
hätte. Ich soll weggehen 9 h kommt Baronin Gebsattel: Die vaterländischen Verbände (mit vielen preuß. /
Generälen) verbreiten ein Flugblatt: Wer hat sein Wort gebrochen? Kahr. Beweis um 1 h nachts hat er /
Pöhner zugesichert, 3 h war er bei Kardinal Faulhaber, 5 h wurde Pöhner verhaftet - so wird ge- /
logen. Gestern kam eine Schwester von den Guthirten an die Pforte: Sie hätte von der /
Frau eines Landespolizei gehört, ich sei verhaftet. Hr Einwack Schneider schickte zwei /
Schwestern von der Löwengrube herüber, ich soll mich ja verwahren, er hätte so schreckliche Drohungen gehört.
12 h Press-Müller erkundigt sich nach weiteren Vorkommnissen. Es ist gut, daß der anti /
kath. Charakter der Bewegung rechtzeitig an den Tag kam. „Nieder mit den Pfaffen und Juden“ heißt auf einmal jetzt die /
Parole. 14. Nov. wird vom Milchliefer. mitgeteilt, die ganze Stadt schimpfe so und er könne keine Milch /
mehr liefern, wir hätten ja auch keine Karten, höchstens ¼ l aber die Leute dürften es nicht wissen.
P.
erzählt mir: Er war ausgegangen
um an seinem
Habit
die Stimmung zu probieren. Im
Odeon
habe einer eine Rede
/
gehalten: Die erste Kugel für Kahr, die zweite Kugel für Faulhaber. Dann sei er zum Palais gegangen und habe lange /
warten müssen bis sie aufmachten. Inzwischen schreit einer: Da droben ist der Oberlump und ein anderer: Der hat die Blutschuld von allen Toten. /
Also gerade wie beim Heiligen Vater für Duisburg
Im Keller ein paar Fenster eingeworfen. Natürlich Schmähbriefe.
Einer von den Vaterländischen schreit: Jetzt wird mir s aber dumm, jetzt wollen sie die Donaumonarchie aufrichten, jetzt mache ich nicht mehr mit.
Freyberg erklärte Rauch beim Besuch: Er (Rauch) sei mit Kahr /
verwechselt worden als er nachts bei mir war und daher das Gerücht.
S. die Zuschriften voll Teilnahme, die Erklärung des Aktionskomités /
Milchmädchen kündigt die Milch weil so viel geschimpft wird.
Unter den Briefen die mich warnten nicht auszugehen war auch einer von Lurz: Er erzählt mir 4.2.24 /
auf dem Phil.abend, Kreichgauer habe in den vaterländischen Kampfverbänden solche Reden /
gehört daß er sich verpflichtet fühlte mich zu warnen.
9. Nov. 1923
8. Nov. abds 8 h war eine Vertrauenskundgebung für Kahr im Bürgerbräukeller /
Ich war bei den ausgewiesenen Pfälzern im Hotel Wagner, wo gegen ½ 10 Expräs. Nortz /
mir mitteilte, Kahr sei von der Hitlergarde gefangen, Regierung gestürzt. Auf dem Heimweg war es noch /
ziemlich ruhig auf den Straßen.
9. Nov. ½ 1 h kommt Stadtrat Rauch zu mir und teilte mit: Kahr Min. /
präs. (Was Kahr? Gegen den richtet sich ja das Ganze), - Ja. Er habe zu Regierungsrat Sommer /
geäußert: Ich konnte nicht anders, ich bin gezwungen worden), Ludendorff Führer der Nationalarmee, Hitler Reichskanzler.... /
Er meint ob man nicht Ruppr. morgen Früh vor die Truppe stellen soll - das scheint mir unmöglich. Er will aber zu Soden /
gehen der inzwischen selber verhaftet wurde. Knilling sei bei der Verhaftung zusammengebrochen.
½ 8 (?) Dr. Brem - die Lage hat sich gedreht. ½ 11 sei ein Funk- /
spruch ergangen: Kahr Lossow Seisser hätten sich von Hitler losgesagt und rufen /
Reichswehr und Landespolizei auf gegen ihn und für ihre rechtmäßige Regierung. Jetzt wäre wohl der Augenblick für R. einzutreten wenn sie Herren der /
Lage bleiben. Er ersucht mich wegzugehen.
8 h Dr L Müller: Er habe Telef. bekommen, die bürgerlichen Zeitungen dürften nicht erscheinen bei /
Todesstrafe. Er kam die Nacht natürlich nicht aus den Kleidern. Dringend bittet er mich wegzugehen, es seien zum Teil die /
gleichen Elemente wie 1918. Das Stadtbild vormittags noch ziemlich ruhig aber Nachmittag großes Gedränge auf den Straßen.
ca 10 h Abgeordneter Mattes von Amberg - kommt wohl im Auftrag der Bayer. /
Volkspartei, wenigstens sagt er: Wir waren heute Nacht im Frauenbund, Held ist nach Regensburg „verkrümmt“, /
- beschwört mich, fortzugehen, die kommenden Ereignisse seien unberechenbar. Auch wegen seiner zwei Schwestern /
in Indien im Kloster, von der frz Oberin sehr mißhandelt - soll an den Bischof schreiben (ich würde seine Person bestätigen)
Ammann
jun. |
sen. |
Lossow Knilling einerseits und Hitler Ludendf andererseits Überraschungen nicht ausgeschlossen sind, /
die Bitte ich möge mich zurückziehen. Giehrl schreibt darunter, daß er ganz dieser Meinung sei und am liebsten persönlich gekommen wäre. /
Der junge Ammann fügt dazu, „auch uns der Jugend “ müssen sie sich erhalten“.
Gen. Vikar Buchb. - war im Auto von Au zurückgekommen /
unterwegs gar keine Controlle, auch nicht auf der Isarbrücke wo sich die beiden Heere gegenüberstehen. Auch er bittet dringlich
➥ Folio 8v
nicht im Hause zu bleiben.
Nachm 3 h Baron Stengel (unbekannt - ich glaubte bei der Anfrage er komme im Auftrag /
des Kronprinzen): Ob ich nicht vermitteln könne zwischen den beiden die alle das Gleiche wollten - resp. Die wollen nicht das Gleiche, /
Kahr ist die rechtmäßige Regierung, die anderen sind Revol., er meint es müssten eben alle von ihrer Stelle zurücktreten was nicht einzusehen ist. /
Außerdem Er hätte einen Handelsvertrag mit Amer. über die Schweiz und will mir lange und breit auseinandersetzen - er meint /
offenbar ich gebe Geld dazu - „Also dann können Sie nichts tun“.
Abds ½ 7 zu Fuß ins Mutterhaus. Unterwegs bei den Anschlägen von Kahr /
stehen geblieben. Da fallen schon die Ausdrücke: Der Hund und andere Namen für Kahr. Die Anschläge zum Teil wieder abgerissen. /
Die Nacht war zieml. ruhig. Zwar Schreien und Johlen vor der chirurg. /
Klinik und sonst in der Stadt, aber kein Schießen mehr.
Samstag 10. Nov. gehe ich früh 8 h wieder zurück, weil 9 h Ordin.sitzung ist.
½ 3 mit Min.rat Sterner im Auto nach Töging zur Kirchen /
konsekr. - In der Theatinerstr. berittene Landespolizei mit Lanzen und dahinter zwei /
Schutzmänner zu Fuß um die Pfeiffenden abzufangen.
Sonntag 11. Nov. abds 8 h zurück im Auto (Ruben- /
bauer hatte mich auf Anruf von Pfaffenb. im Bahnhof erwartet) - die zur Bewachung der Promen.straße /
befohlenen Schutzmänner kommen 1 St. später sich entschuldigen, „sie hätten gerade in einer anderen Straße zu tun gehabt“ - die Straßen im Osten /
der Stadt sehr leer, in der Maxim. und Maffeistr. steht Reichswehr im Sturmhelm - /
Ein Schutzmann versichert in der Maffeistr. dem Min.rat Sterner, es sei alles ruhig, es sei kein Streik /
- also fahren wir weiter. Die Promen.str. aber plötzlich belebt, unser Wagen wird sofort um- /
ringt von etwa dreißig Männern - sie lassen mich aber schweigend durch, auch als ich noch einmal zum Wagen zurück ging - /
erst als ich im Hause war ging das Pfeiffen und Schreien los und nun erfahren wir: Gestern in der Univ. /
Versammlung gegen mich, dann Zug durch die Stadt und die Schreie: Nieder mit Kahr, nieder mit /
Faulhaber, - abends hätte ein Stud. bei der Katzenmusik eine Rede gegen mich gehalten (in Wirklichkeit /
hat er nur gerufen „nieder mit Faulh.“), - aber bald leert sich die Promen.str. - /
Sekr. Wehner hat zu viel Angst, im Hause zu bleiben und geht noch heim.
Mo 12. Nov. Früh 6 h im Auto ins Mutterhaus - es ist noch dunkel /
und dort den Vorm. geschlafen. Zucker trotzdem 0,4 und unregelmäßiger Puls.
➥ Folio 9r
14.
Nov Mi
Weil Besuchstag
½ 6
zu Fuß vom Mutterhaus zurück.
Lurz schreibt lateinisch: Große Drohungen ausgestoßen weil ich im Preysing- /
Palais mit Komiss Kahr und Prinz Rupp. über die Donaumonarchie verhandelt /
hätte. Ich soll weggehen 9 h kommt Baronin Gebsattel: Die vaterländischen Verbände (mit vielen preuß. /
Generälen) verbreiten ein Flugblatt: Wer hat sein Wort gebrochen? Kahr. Beweis um 1 h nachts hat er /
Pöhner zugesichert, 3 h war er bei Kardinal Faulhaber, 5 h wurde Pöhner verhaftet - so wird ge- /
logen. Gestern kam eine Schwester von den Guthirten an die Pforte: Sie hätte von der /
Frau eines Landespolizei gehört, ich sei verhaftet. Hr Einwack Schneider schickte zwei /
Schwestern von der Löwengrube herüber, ich soll mich ja verwahren, er hätte so schreckliche Drohungen gehört.
12 h Press-Müller erkundigt sich nach weiteren Vorkommnissen. Es ist gut, daß der anti /
kath. Charakter der Bewegung rechtzeitig an den Tag kam. „Nieder mit den Pfaffen und Juden“ heißt auf einmal jetzt die /
Parole. 14. Nov. wird vom Milchliefer. mitgeteilt, die ganze Stadt schimpfe so und er könne keine Milch /
mehr liefern, wir hätten ja auch keine Karten, höchstens ¼ l aber die Leute dürften es nicht wissen.
P.
Heribert |
Exped. |
gehalten: Die erste Kugel für Kahr, die zweite Kugel für Faulhaber. Dann sei er zum Palais gegangen und habe lange /
warten müssen bis sie aufmachten. Inzwischen schreit einer: Da droben ist der Oberlump und ein anderer: Der hat die Blutschuld von allen Toten. /
Also gerade wie beim Heiligen Vater für Duisburg
Im Keller ein paar Fenster eingeworfen. Natürlich Schmähbriefe.
Einer von den Vaterländischen schreit: Jetzt wird mir s aber dumm, jetzt wollen sie die Donaumonarchie aufrichten, jetzt mache ich nicht mehr mit.
Freyberg erklärte Rauch beim Besuch: Er (Rauch) sei mit Kahr /
verwechselt worden als er nachts bei mir war und daher das Gerücht.
S. die Zuschriften voll Teilnahme, die Erklärung des Aktionskomités /
Milchmädchen kündigt die Milch weil so viel geschimpft wird.
Unter den Briefen die mich warnten nicht auszugehen war auch einer von Lurz: Er erzählt mir 4.2.24 /
auf dem Phil.abend, Kreichgauer habe in den vaterländischen Kampfverbänden solche Reden /
gehört daß er sich verpflichtet fühlte mich zu warnen.