Tagebucheintrag vom 7. September 1933Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10015,
Seite 89-90
Donnerstag,
7.
September.
Am Hause
ein
Klopfen,
als wollten sie das Haus niederreißen.
Lehrerin Marie Scheurer, Fürth: Hatte geschrieben, ihre Kollegin (Arbeitslehrerin an der Schule, Bock) sei abgebaut worden, weil als Jüdin erzogen (Vater Jude, Mutter protestantisch), vor fünf Jahren convertiert, jetzt beurlaubt und es fehlen ab 1. Oktober noch zwei Monate. Der Fall ist aussichtslos, eine Wiedereinstellung ausgeschlossen (aber in Speyer sei es geschehen), auch die Privatschulen sind zu sehr beobachtet (Englische Fräulein wollen sie nicht nehmen), auch die Geistlichen seien zurückhaltend, also auch nicht Unterricht in der Aktion, sogar Privatunterricht muß angemeldet werden. Die Verfolgung der Juden kann in dieser Schärfe nicht bleiben, weil ein Kulturvolk auf die Dauer der Eltern und Großeltern wegen nicht strafen kann. Wenn sie nur ihre Pension bekommt und das Gesuch der nationalsozialistischen Schülerinnen weitergegeben wurde. Ich will für sie beten, daß sie wenigstens seelisch nicht zusammenbricht. Sie selber als Taufpatin habe eine große Aufgabe. Lichtbild und das [ ... ] vom Stern.
Frau Anna Wacker, Cousine von Karolin Wacker und Fergg, Brooklyn. Über den Tod von Karolin Wacker in Rom. Begraben nicht hier, sondern dort. Testament vorgelesen, zwei Mal. Der Dollar soll aufgewertet werden. Ich übergebe Contobuch und Vollmacht für die Base, die bald kommt.. Sie sagt zwölf Mal „Vergelts Gott“, sei mit allem zufrieden, dankt immer wieder, ich so viele Mühen hätte.
Karte durch Sekretär abgegeben: Charles S.J., Professor für Orientalistik an der Sorbonne.
Lehrerin Marie Scheurer, Fürth: Hatte geschrieben, ihre Kollegin (Arbeitslehrerin an der Schule, Bock) sei abgebaut worden, weil als Jüdin erzogen (Vater Jude, Mutter protestantisch), vor fünf Jahren convertiert, jetzt beurlaubt und es fehlen ab 1. Oktober noch zwei Monate. Der Fall ist aussichtslos, eine Wiedereinstellung ausgeschlossen (aber in Speyer sei es geschehen), auch die Privatschulen sind zu sehr beobachtet (Englische Fräulein wollen sie nicht nehmen), auch die Geistlichen seien zurückhaltend, also auch nicht Unterricht in der Aktion, sogar Privatunterricht muß angemeldet werden. Die Verfolgung der Juden kann in dieser Schärfe nicht bleiben, weil ein Kulturvolk auf die Dauer der Eltern und Großeltern wegen nicht strafen kann. Wenn sie nur ihre Pension bekommt und das Gesuch der nationalsozialistischen Schülerinnen weitergegeben wurde. Ich will für sie beten, daß sie wenigstens seelisch nicht zusammenbricht. Sie selber als Taufpatin habe eine große Aufgabe. Lichtbild und das [ ... ] vom Stern.
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Stadtpfarrer
Schrallhamer
und Frau
Dr.
Genewein
–
Landesverband
für
Frauenturnen,
soll
4 000 M.
bezahlen auf Befehl von
Schirach,
tragen
sich mit dem Gedanken sich aufzulösen.
Respondeo:
In diesen Tagen soll die Liste fertig werden,
aber immer wieder hinausgeschoben.
Aber
Bischöfe können nicht sagen: Löst Euch auf, das
Concordat
will
Verhandlungen; wir können auch nicht sagen: Bleibt dabei;
wenn sie später keine Stellung bekommen,
heißt es wieder: Die Bischöfe sind schuld. Ich habe die Frage
vorgelegt
: Kann
Schirach
Kopfsteuer
verfügen?
Es ist ein Standpunkt,
der mancherorts durchgedrungen ist: Die Reichsregierung hat
erklärt: Verhandlung mit den Bischöfen. Also: Kann warten,
bis wir das Ergebnis dieser Verhandlungen erfahren.
Frau Anna Wacker, Cousine von Karolin Wacker und Fergg, Brooklyn. Über den Tod von Karolin Wacker in Rom. Begraben nicht hier, sondern dort. Testament vorgelesen, zwei Mal. Der Dollar soll aufgewertet werden. Ich übergebe Contobuch und Vollmacht für die Base, die bald kommt.. Sie sagt zwölf Mal „Vergelts Gott“, sei mit allem zufrieden, dankt immer wieder, ich so viele Mühen hätte.
Karte durch Sekretär abgegeben: Charles S.J., Professor für Orientalistik an der Sorbonne.