Tagebucheintrag vom 23. September 1922Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10007, Seite 89

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23. September. Frau L. von Wehner, Mutter des neuen Sekretärs, hat zwei Bedenken, ob er es machen könne: 1) sei er in Umgangsformen nicht bewandert, er habe sich immer zurückgezogen, als Student und in den letzten Berufen auch. 2) sei er im Essen sehr eigen: Will sehr viel Fleisch und fast nur Kartoffeln und Brot. Er soll lieber zu Hause essen. Respondeo: Wir werden es probieren - es ist ausdrücklich so besprochen, daß ich möglicherweise später gar keine Kräfte im Haus halte, wenn die Ablösung kommt und es wird kein Schaden für ihn sein, auch wenn er kurz hier ist. Aus Pietät gegen seinen Vater.

Englisches Fräulein Frau Clotilde: Anliegen für Gymnasium in Regensburg 1 000 Franken, zehn Jahre ohne Zins. Nur zwei Wege, die Schule zu retten: Entweder große staatliche Beihilfe oder eigene akademische Kräfte.

17.00 - 19.00 Uhr Musikalischer Tee, Fürstenstraße 1: Generalmusikdirektor Walter am Klavier, seine Tochter singt Lieder von Mozart, Schubert, Brahms, Meyerbeer, - ein Herr mit einer Geige, die auf 30 Millionen geschätzt ist. Leider meist erotische Lieder. Praesentes: Zar Ferdinand, Signora Baviera, sehr schwarz, aus Genua, aus der Zeit Ludwigs des Bayern mit den Wittelsbachern verwandt, Velics, eine Marchesa, die aus dem Krieg in Belgien erzählt, Latein spricht und Wassersucht hat („wo andere Menschen Luft haben, da habe ich Wasser - très sérieux").

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