Tagebucheintrag vom 12. März 1920Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10004, Seite 67,70

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12. März. 14.00 - 16.00 Uhr Frau Dr. Liebel besucht - sterbenskrank auf dem Sofa, aber geistig noch sehr frisch, obgleich sie tagelang nichts gegessen. Sie spricht von ihrer Gebetserhörung, daß Robert einen Freund gefunden, der unter schwerem Kampf katholisch wurde und ganz arm ist, ein Apostel der Presse und später bei den Jesuiten eintreten will. Sie sagt ihm, daß er auf Robert Einfluß nehmen soll und er versprach es ihr in die Hand. Dann spricht sie von den Urchristen, wo Reich und Arm zusammen waren, und daß ich mit meinem Gehalt unmöglich auskommen könne, besonders man nicht Holz und Vorräte anlegen könne, Maria habe gebeten, von ihrem Teil eine Cux zu nehmen ohne Wissen der Brüder
Es handelt sich um Georg und Robert Liebel.
und Robert würde es mir bringen. Wie das Väterchen früh 6.00 Uhr in die Kirche gehe, obwohl er gewiß manchmal nicht geschlafen und dann heimkomme und schluchzte und Danksagung weiter halte. „Er soll Priester werden und in meiner Nähe bleiben“, darüber sehr erschrocken, weil sie zuerst an den kleinen Robert dachte, dann unsicher: Die Stadt drückt ihn, er muß in den Wald, offenbar erschrocken, daß ich an ihren Tod glaube. „Das Sterben ist schwer, weil es Abschied von den Lieben ist“. Ich habe eine Ahnung: „Wenn ich in das Krankenhaus komme, komme ich nur mit dem schwarzen Wagen heraus.“ Morgen zum Geburtstag die heilige Messe! Dann kommt Maria herein, dankt, daß ich das Geschenk annehme - weint, als die Mutter sagt: Dieses Kind hat mir nichts als Freude und gar keine Trauer gemacht. Sie ist bis jetzt immer tapfer geblieben, jetzt muß sie auch mutig sein.

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17.00 - 18.00 Uhr Vereinigung der Diakoninnen-Konferenz in der Kapelle. Ich spreche über Betrachtung.

18.30 - 19.00 Uhr Tonsur in der Kapelle an 15 Franziskanern.

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