Tagebucheintrag vom 7. April 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003,
Seite 72
Montag,
7.
April,
Räterepublik
ausgerufen
genau
fünf
Monate
nach der
Ersten
Revolution.
-
Dritte
Revolution,
„die
eigentliche
Revolution“,
beginnt.
Gestern
Abend noch hatte
der Ältestenausschuß
Flugblätter verteilt und Einspruch erhoben,
daß der
Zentralrat
den Landtag nicht will zusammentreten lassen.
Kommunismus
nach Muster der
russischen
Barbaren und
ungarischen
Zigeuner.
8.30 Uhr
kommen bereits
drei
Arbeiter
mit roter
Binde
an die Türe, gehen aber dann gleich weg aufs
Ordinariat
(„Wir kommen
schon wieder“), warten dort
halbe
Stunde
auf den
Generalvikar
und fordern,
daß
allgemeines
Läuten
angeordnet wird. Natürlich wird ihnen erklärt:
Wir können das nicht anordnen,
aber wir müssen es zulassen,
in diesem Sinne gibt er Nachricht an die Pfarrämter.
Darüber Aufregung, ein Mann schimpft
während des Läutens an einen
Ministranten
hin. Da klopfen die Herzen mit und die Kirche bekommt natürlich wieder die Schuld daran.
Der Tag soll als Nationalfeiertag gefeiert werden: Die Kinder aus der Schule, die Bankbeamten aus der Bank, die Drucker aus der Druckerei weggeschickt und ich wollte gerade heute die Studentenpredigt drucken lassen. Die beiden Telefonarbeiter, die im Haus arbeiten, kommen in Sonntagskleidern, arbeiten aber dann heimlich, ebenso holt man das Manuskript für die Druckerei ab. Es ist unheimlich ruhig in der Stadt, besonders Abends, trotz der herrlichen Sonne. Die Welt in Spannung, aber auch Militär nicht zu sehen, das offenbar in Bereitschaft gehalten wird. Das Militär hat erklärt nun fürs Proletariat einzutreten, nicht für den Landtag, damit ist es entschieden. Die Bürgerwelt hat sich nicht einmal zur Bildung eines Bürgerrats und einer Bürgerwehr aufgerafft.
Erzabt von Sankt Ottilien Norbertus Weber - in Prunn 13.30 Uhr, bringt die Antwort von Bischof Maximilian und Nachricht, daß in Augsburg 17 Geiseln festgenommen seien, ebenso solche in Rosenheim. Ich gebe ihm Aufklärung über Lage, Besetzung der Pfarreien wird aber jetzt bald erledigt sein. Wird wohl zu Fuß die 40 km heim gehen müssen.
Schneider Baureß erzählt, daß gestern die Löhne um 190 % erhöht worden seien und daß man nicht mehr wisse, wo das hinaus soll.
Generalvikar übers Läuten heute Mittag. Es wurde gefordert mit dem Bemerken, die Glocken seien ja doch schon enteignet Ob ich weggehen soll? In Augsburg hat einer vor dem Tode bekannt, es seien fünf Männer bezahlt gewesen, den Bischof umzubringen und er sei einer davon. Als der Kaplan von Olching ? über die Isarbrücke ging, rief ihm einer zu: Das ist auch einer zum to t schießen. Als ich heute früh nach Sankt Bonifaz beichten ging - das Bußsakrament gibt Seelenruhe und Sicherheit in solchen Tagen -, rief mir auch einer auf der Straße etwas von Hansi zu. Sekretär meint auch, ob ich weggehen soll - ich muss aber rechnen, daß Nuntius und andere kommen, die mich sprechen wollen und wenn mein Tod zur Ordnung der Dinge mithelfen könnte, dürfe man nicht entfliehen. So bleibe ich, obwohl der Abend natürlich unheimlich und ich viel Nasenbluten habe infolge der Operation.
Frau Rechtsrat Steinhäuser: nimmt einen Pack Kolleghefte von mir mit.
Der Tag soll als Nationalfeiertag gefeiert werden: Die Kinder aus der Schule, die Bankbeamten aus der Bank, die Drucker aus der Druckerei weggeschickt und ich wollte gerade heute die Studentenpredigt drucken lassen. Die beiden Telefonarbeiter, die im Haus arbeiten, kommen in Sonntagskleidern, arbeiten aber dann heimlich, ebenso holt man das Manuskript für die Druckerei ab. Es ist unheimlich ruhig in der Stadt, besonders Abends, trotz der herrlichen Sonne. Die Welt in Spannung, aber auch Militär nicht zu sehen, das offenbar in Bereitschaft gehalten wird. Das Militär hat erklärt nun fürs Proletariat einzutreten, nicht für den Landtag, damit ist es entschieden. Die Bürgerwelt hat sich nicht einmal zur Bildung eines Bürgerrats und einer Bürgerwehr aufgerafft.
Erzabt von Sankt Ottilien Norbertus Weber - in Prunn 13.30 Uhr, bringt die Antwort von Bischof Maximilian und Nachricht, daß in Augsburg 17 Geiseln festgenommen seien, ebenso solche in Rosenheim. Ich gebe ihm Aufklärung über Lage, Besetzung der Pfarreien wird aber jetzt bald erledigt sein. Wird wohl zu Fuß die 40 km heim gehen müssen.
Schneider Baureß erzählt, daß gestern die Löhne um 190 % erhöht worden seien und daß man nicht mehr wisse, wo das hinaus soll.
Generalvikar übers Läuten heute Mittag. Es wurde gefordert mit dem Bemerken, die Glocken seien ja doch schon enteignet Ob ich weggehen soll? In Augsburg hat einer vor dem Tode bekannt, es seien fünf Männer bezahlt gewesen, den Bischof umzubringen und er sei einer davon. Als der Kaplan von Olching ? über die Isarbrücke ging, rief ihm einer zu: Das ist auch einer zum to t schießen. Als ich heute früh nach Sankt Bonifaz beichten ging - das Bußsakrament gibt Seelenruhe und Sicherheit in solchen Tagen -, rief mir auch einer auf der Straße etwas von Hansi zu. Sekretär meint auch, ob ich weggehen soll - ich muss aber rechnen, daß Nuntius und andere kommen, die mich sprechen wollen und wenn mein Tod zur Ordnung der Dinge mithelfen könnte, dürfe man nicht entfliehen. So bleibe ich, obwohl der Abend natürlich unheimlich und ich viel Nasenbluten habe infolge der Operation.
Frau Rechtsrat Steinhäuser: nimmt einen Pack Kolleghefte von mir mit.