Tagebucheintrag vom 12. November 1917Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10001,
Seite 62-63
12.
November.
Pater Nostiz, Graf, von Wien her bei Marschall bekannt, mit dem österreichischen Gesandten Thurn bekannt, dessen zwei Söhne taubstumm und einer auch noch blind ist. Der Szechenerlaß des Kaisers Karl wurde gegeben, weil sonst Erzherzog Friedrich bloßgestellt worden wäre.
Exzellenz von Ow: Daß die Studentinnen nicht in Munitionsarbeit sollen (ist für ihre Gesundheit nicht gut), die Niederlassung in den Vororten (ohne Herz-Jesu-Väter kann ich nicht zusagen). Einladung zu einer Messe und Ansprache nach Dreikönig. Ob Hildegard mit der Mutter erbost, weil sie die Allgemeine Rundschau mit dem Gedicht „Leutstetten“ zurückgesandt habe.
Gräfin Tattenbach: Wegen ihrer ungeschickten Pförtnerin (habe Tränen gegeben), wegen Gothaer Kalender, will dem Sekretär Winke geben.
Exzellenz von Dandl, der neue Ministerpräsident, spricht von persönlicher Fühlungnahme, und seiner schweren Aufgabe. Abends mache ich gleich Gegenbesuch auf dem Auswärtigen Amt, wo auch der Gesandte von Württemberg und Nuntius.
Mittag Fahrt nach 1) Sendling. Geistlicher Rat Gilg, bärtig und vernachlässigt, mit seinen alten Schwestern, schönes Pfarrhaus mit Garten, die Kirche prächtig, Sankt Margaret.
12. November. Der Nuntius ohne Schulterkragen auf dem Auswärtigen Amt, einfach Talar mit Pectorale.
3) Giesing: Geistlicher Rat Wagner mit dem schönen Pfarrhaus. Zwei persönliche Medaillen. Die Kirche Backstein, wie Mariahilf, 17.00 Uhr Rosenkranz.
Dazwischen Beerdigung von Spiritual Fries auf dem östlichen Friedhof. Priesterchor singt. Pfarrer Becker predigt. Er hat blind die Schulschwestern geleitet und ein Buch diktiert.
Abends 19.00 - 21.30 Uhr die Domherren zum ersten Mal bei Tisch, weil gerade Brot von Hesselbach und Wildschwein von Remely gekommen.
Zum ersten Mal im neuen Schlafzimmer angezogen.
Pater Nostiz, Graf, von Wien her bei Marschall bekannt, mit dem österreichischen Gesandten Thurn bekannt, dessen zwei Söhne taubstumm und einer auch noch blind ist. Der Szechenerlaß des Kaisers Karl wurde gegeben, weil sonst Erzherzog Friedrich bloßgestellt worden wäre.
Exzellenz von Ow: Daß die Studentinnen nicht in Munitionsarbeit sollen (ist für ihre Gesundheit nicht gut), die Niederlassung in den Vororten (ohne Herz-Jesu-Väter kann ich nicht zusagen). Einladung zu einer Messe und Ansprache nach Dreikönig. Ob Hildegard mit der Mutter erbost, weil sie die Allgemeine Rundschau mit dem Gedicht „Leutstetten“ zurückgesandt habe.
Gräfin Tattenbach: Wegen ihrer ungeschickten Pförtnerin (habe Tränen gegeben), wegen Gothaer Kalender, will dem Sekretär Winke geben.
Exzellenz von Dandl, der neue Ministerpräsident, spricht von persönlicher Fühlungnahme, und seiner schweren Aufgabe. Abends mache ich gleich Gegenbesuch auf dem Auswärtigen Amt, wo auch der Gesandte von Württemberg und Nuntius.
Mittag Fahrt nach 1) Sendling. Geistlicher Rat Gilg, bärtig und vernachlässigt, mit seinen alten Schwestern, schönes Pfarrhaus mit Garten, die Kirche prächtig, Sankt Margaret.
12. November. Der Nuntius ohne Schulterkragen auf dem Auswärtigen Amt, einfach Talar mit Pectorale.
➥ Seite 63
2)
Thalkirchen: feuchtes
kleines Pfarrhaus von
Jägerhuber, -
daneben die
alte
Wallfahrtskirche
glücklich
erweitert.
Tochter des
Sakristans
führt, ein Bruder vermisst und drei im Felde.
3) Giesing: Geistlicher Rat Wagner mit dem schönen Pfarrhaus. Zwei persönliche Medaillen. Die Kirche Backstein, wie Mariahilf, 17.00 Uhr Rosenkranz.
Dazwischen Beerdigung von Spiritual Fries auf dem östlichen Friedhof. Priesterchor singt. Pfarrer Becker predigt. Er hat blind die Schulschwestern geleitet und ein Buch diktiert.
Abends 19.00 - 21.30 Uhr die Domherren zum ersten Mal bei Tisch, weil gerade Brot von Hesselbach und Wildschwein von Remely gekommen.
Zum ersten Mal im neuen Schlafzimmer angezogen.
Vgl. Christoph Führ, Das K.u.K. Armeeoberkommando und die Innenpolitik in Österreich 1914-1917, Graz u.a. 1968, S. 62; Lothar Höbelt, „Stehen oder Fallen?“ Österreichische Politik im Ersten Weltkrieg, Wien u.a. 2015, S. 185 f.; Manfried Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914 - 1918, Wien u.a. 2013, S. 444 f.; Martina Winkler, Karel Kramář (1860-1937) Selbstbild, Fremdwahrnehmungen und Modernisierungsverständnis eines tschechischen Politikers, München 2002, S. 14 f.
Für die freundlichen Hinweise und Ausführungen vom 7. Mai 2018, die erst eine Kommentierung dieses komplizierten Sachverhaltes ermöglichten, möchten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Kritischen Online-Edition der Tagebücher von Michael Kardinal von Faulhaber (1911-1952)“ bei Herrn MMag. Stefan Kurz, dem Wissenschaftlichen Assistenten des Direktors des Heeresgeschichtlichen Museums / Militärhistorischen Instituts Wien, bedanken.