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Franz Xaver EberleParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 22. Dezember 1937

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Dr. Eberle, 22.12.37. 10.30 - 11.30 Uhr.

Vorgeschichte: Gauleiter Regierungspräsident Wahl und ebenso der Oberbürgermeister sehr ruhige Männer, ohne selber zu praktizieren, anerkennen sie den Wert der Religion für Volk und Vaterland, waren sich vorher schon darüber einig: Sie sollten einmal den Führer sprechen. Er dankt für den Empfang. Mit allem Freimut zwei Punkte: 1) In den Schulungskursen und Arbeitslagern Rosenberg. Die jungen Leute ganz verwirrt. 2) In der Presse?

Am Samstag Eilbrief von Reichsminister Lammers: Montag, 12.00 Uhr in Berlin im Reichkanzlerpalais. Er war 11.45 Uhr dort, wurde von Lammers empfangen, der ihn vorbereitete, man soll nicht so viel Unangenehmes sagen, führte ihn Schlag 12.00 Uhr zum Reichskanzler, mit dem er eineinhalb Stunden ganz allein war. Er dankte und behielt dann das Wort und der Führer hörte ohne jedes Zeichen zu. Er habe mit Freimut gesprochen. Sich als Privatmann vorgestellt. Er fühle offenbar, daß er ohne die Protestanten und Katholiken sein Werk nicht vollenden könne. „Krönen Sie Ihr Werk, indem Sie die Freiheit der Religionsübung wiederherstellen.“ Er ging nicht auf die Punkte ein.

Wir sollten eine große Geste machen? Zum Beispiel das Ausland abschütteln, an alle Bischöfe schreiben. Responsum: Der Staatsmann wird die Geste als solche erkennen. Was er will, können wir nicht leisten. Wäre geneigt: Für die Gemeinschaftsschule. Wir haben ja keine katholische Schule. Auf die Lehrer kommt es an. Responsum: Wir sind gegen die Gemeinschaftsschule, weil sie nationalsozialistische Schule wird.

1) Sie haben gesehen, wir lassen die Prozesse nicht mehr öffentlich führen. Früher waren wir gezwungen, weil im Ausland behauptet wurde, das sei alles Lüge. Der Führer: Wir haben im Vatikan nur einen Kardinal, der die Deutschen versteht, das ist leider nicht Pacelli. Darauf er: Das ist Pizzardo. Der Führer: Ja, das ist Pizzardo. Besonders das Ausland: 2) Wenn ich von den Bischöfen eine Denkschrift erhalte oder einen Hirtenbrief, dann habe ich ihn drei bis vier Tage vorher in ausländischen Zeitungen gelesen, wenigstens im Auszug. Dieser Muckermann. Jetzt hält er Vorträge in Österreich unter dem Vorsitz von Kardinal Innitzer (Eberle scheint zugestimmt zu haben, sollte nicht sein). Wir wissen, alles geht durch die Kuriere ins Ausland. Die Vereine zum Teil Herde des politischen Katholizismus, zuerst 700 Vereine mir vorgelegt. Er habe von Wahl gehört, er sei ein vaterländisch gesinnter Mann, und so äußert er sich auch nachher.

Ich: Ihm geschrieben: Friedensworte genug gehört, jetzt Friedenstat sehen. Nur unter der Voraussetzung kommen, daß ich keine Pflicht übernehme, Versprechen einzulösen oder in Fulda zu berichten. Ich habe beim Bericht über meine Aussprache zu viele Erfahrungen gemacht. Er meint wohl, damit habe er seine Aufgabe erledigt, - ich nehme es nicht an. Das meiste davon hatte er mir gesagt. Aber das Schwere: Was für Friedenstaten erwartet er von uns. Damals unser Hirtenbrief an Sender und Presse nicht bekanntgegeben. Von dem, was er mir versprochen hatte, zuerst einiges erfüllt (Amnestie), dann aber ging in den Zeitungen los. Das Ausland? Schreiben ebenso frech gegen die Bischöfe, wie gegen Schulte und gegen Gröber. Ein Mittelsmann von Frank bei mir, „so kann es nicht weitergehen“, gemischte Kommission über die Jugendfragen, es wurde ihm vorgelegt, es war wieder erledigt. Wir brauchen nichts ins Ausland zu melden, die im Ausland brauchen nur die Zeitungen zu lesen. Zweimal: Ich freue mich über die Tatsache des Besuchs, abgesehen vom Inhalt der Aussprache. Die Tatsache sagt, daß er nicht, wie es den Anschein hatte, alle Brücken abbrach. Rosenberg nicht mehr so gefährlich, sollte sogar einmal entlassen werden, aber jetzt, um den Papst zu ärgern. Mit Lammers kann man gut sprechen. Er: Die Klage, die heute von einem Jugendverein komme, morgen von der Weißen Rose ... Sind zu klein für die Verhandlungen. Er meint sogar: Wofür Verhandlungen, zuerst die Atmosphäre schaffen.

Verte -

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Führer: Die Geschichte mit Mundelein. Was gegen mich persönlich ist, kümmert mich nicht; wenn es aber gegen Deutschland geht ... Eberle ist nicht damit einverstanden, daß wir in den Hirtenbrief gegen den Bolschewismus unsere Sorgen einfügten.

Ich: Er hat ein falsches Bild von der Kirche, sei ein natürlich gewordenes Gebilde wie ein Staat. Eberle gibt das zu und meint sogar, man wisse nicht, was er sich unter der Vorsehung vorstelle.

Er einmal dazwischen: Ob wir vor dem Bolschewismus gewarnt wurden oder jetzt erst recht hineingeraten, wer kann das sagen.

Hat an Pacelli geschrieben, weil ich geschrieben hatte: Mit mir sei auch Pacelli nicht ganz klar geworden über den Inhalt der Aussprache - schickt das mit offener Post.
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