Verhaftungen und antikirchliche MaßnahmenParallelansicht ⇨
Nachrichtenexzerpte, 30. Juni und 1. Juli 1933

Polizei trete mit den nationalen Verbänden in ein Grußverhältnis.

Der Pfarrer in Rheingönheim in der Nacht von drei vermummten Gestalten überfallen und niedergeschlagen. Preis ausgesetzt für die Täter. If große Bedenken, ob diejenigen, von denen jeder eine Zeitungsleitung und eine von der gleichen Richtung, auf die Dauer zusammen arbeiten können.

Domdekan erzählt mir auf der Hereinfahrt: Der Kronprinz habe für Aretin ein Gesuch eingereicht bei Epp und sei schroff abgefahren. Seinem Rechtsanwalt Holl wurde das Büro geschlossen, solange bis er die Vertretung von Aretin niederlege. Daraufhin hat er es getan. Man habe ihm gesagt: Wie können Sie ein solches Schwein vertreten. Daraus folgt, daß meine Fürsprache aussichtslos.

1.7.33 Reichsarbeitsminister Darré übernahm heute seine Arbeit. Versprechungen seien dem Landwirt genug gemacht worden, jetzt wolle man Taten. Schacht: Die weltwirtschaftliche Konferenz London habe es nicht der Mühe wert gefunden, die Verschuldungsfrage zu beraten. Deutschland der größte Schuldner. Deutet an, nicht am Goldstandard hängen?

If grundsätzlich: Es ist nicht klug, alle Parteien aufzuheben oder sich aufheben zu lassen. Dann, wenn kein Aussengegner mehr da ist, werden die inneren Gegensätze aufeinander platzen. Streit muß doch sein, dann wird sich der Fall der Midianiter wiederholen.

30.6.33 finde ich bei der Rückkehr einen Brief von Cardinal Innitzer. Er befürwortete die Bitte der Akademie, ich möge für den Katholischen Almanach einen Beitrag schicken, wie im letzten Jahr Prälat Kaas. Eine beigefügte Liste zählt die Mitarbeiter auf, darunter unmittelbar vor meinem Namen Dollfuss. So könnten Gerüchte entstehen. Abtelegraphiert und gleich vernichtet.

Was früher immer erklärte, eine Stütze der Kirche zu sein, schreit jetzt nach der Hilfe der Kirche und sagt, die Bischöfe tun nichts für uns. Zuerst die Presse, dann die Vereine, dann die Partei.

1.7. zu Miltenberger: Dort 38 Geistliche in Haft, zwei geschlagen. Auf Peter und Paul die meisten beurlaubt, auch über diesen Sonntag, aber Montag wieder melden. Bei Strubel durch die Fenster eingestiegen. Auch im Ordinariat Haussuchung, aber auf ihre weitere Erklärung. Respondeo: 1) Nicht hier bei den Ministerien Vorstellungen erheben, das betrachten die anderen als Denuntiation, sondern mit den Sonderkommissaren verhandeln. So hier. Heute sechs verhaftet, aber hatten wirklich einige Schuld unter vielen anderen, wie Seidler sagte. 2) Die Erklärung Speyer können wir unterschreiben im ersten Teil. Den Vorwurf, wir tun nichts, müssen wir hinnehmen, für die Partei können wir nichts tun. Wenn wirklich Material gefunden wurde. Er soll auf die Nuntiatur gehen. Gegen Haussuchungen können wir uns nicht wehren, wie Herbipolensis meint. Hier auf Verhaftung gefaßt.

Heute, 1.7., wurden auch in München, wie schon gestern in Würzburg und Bamberg Conti der Vereine, der Klöster und sogar der Geistlichen privat gesperrt. Sogar für Finanzkammer. Grassl kommt kreidebleich. Wir versuchen es gleich und er gibt einen Scheck für mich an der Vereinsbank ab. Kommt zurück, er hatte sich auf der Hypothekenbank angemeldet, aber der Direktor wußte warum und ging auf die politische Polizei: Besonderen Eindruck machte, daß nun das Volk die Bank stürmen und abheben wird - daraufhin um 10.00 Uhr die Sperre wieder aufgehoben!!

Von allen Seiten bestürmt, für die Schutzhäftlinge etwas zu tun: Amtsgerichtsrat Reber von Kitzingen hier für Staatsrat Schäffer. Frau Ohmer, geborene Geheimrat Bayersdörfer, die aber einsieht: Ich würde die Sache schlimmer machen. Die Volkspartei hat auch meinen Fall von 1923 nicht untersucht und richtiggestellt.