Cesare OrsenigoParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 22. Oktober 1936

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Orsenigo. Donnerstag, 22.10.36, 10.00 - 11.20 Uhr.

Zwei Sachen: 1) Die Sache Vassallo. War vorher bei Vassallo, der seinen Paß zurückerhielt und heute Abend in aller Stille nach Rom fährt, um dem Heiligen Vater Bericht zu geben. Leider außer dem Maasbode auch in italienischen Zeitungen bereits davon geschrieben, und zwar in regierungsfeindlichem Sinn - was der Wahrheit nicht entspricht. Den Namen Neurath soll man möglichst wenig nennen. Im Auswärtigen Amt sei der herrliche Mann von Neurath, Staatsrat Dieckhoff und Lammers, der nicht katholisch ist, aber eine katholische Frau geheiratet hat. Man sagt ihm dort: Herr Nuntius, haben Sie Geduld, es kommen bessere Zeiten. 2) Gestern, Mittwoch, sprach er mit Lammers (von der Vorgeschichte dieser Audienz wenig die Rede) und nun soll ich ihm schreiben (Couvert war bereits vorbereitet: Seiner Exzellenz Herrn Lammers, Staatssecretär in der Reichskanzlei, Berchtesgaden): Eure Exzellenz. In der Angelegenheit, in der Eure Exzellenz Mittwoch mit Herrn Nuntius gesprochen haben, stehe ich jederzeit zur Verfügung. Ich gestatte mir zu bemerken, daß ich nächsten Dienstag und Mittwoch die Weihe des neuen Bischofs von Passau habe, die ich persönlich vornehmen muß. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochschätzung bleibe ich Eurer Exzellenz ergebener Faulhaber.

Es könnte eine Verbindung werden. Beim ersten Mal wird er
Vermutlich ist Adolf Hitler gemeint.
viel selber sprechen wollen. Wenn möglich, dann über die Schule: Klosterlehrerinnen in Staatsschulen sei nicht durch das Konkordat begründet. Privatschule, Bekenntnisschule. Ich: Er wird das an die Reichsministerien schicken, er kann das nicht alles wissen. Viel wichtiger das neue Heidentum. Er: Das eigentliche Neuheidentum aufgrund von Blut und Rasse sei doch im Abflauen, der Deutsche Glaube sei nicht so Heidentum. Ich widerspreche, das ist vollendetes und eigentliches Heidentum. Hat eine Eingabe gemacht, liest vor: Es ist ein Widerspruch, wenn die Verbreitung der Hirtenbriefe außerhalb der Kirche nicht gestattet ist, dann aber die gegnerische Zeitungen die Hirtenbriefe kritisieren, teilweise anführen und mißdeuten dürfen.

Über die Geistlichen: Sollen nicht direkt an die höchsten Stellen schreiben wie ein Pfälzer, der Beschwerde führt an den Nuntius. Er: Er habe es auch an den Führer geschickt.

Religionslehrer: Darüber ist er erstaunt, daß sie hier noch in der Jugend mitarbeiten dürfen. ...

Kommunismus. Die Sache Foussaint
Gemeint ist Joseph Rossaint.
steht nicht gut. Psychopath. Hat sich Sicheln und Hämmer auf den Kelch zeichnen lassen.

Ob über die Adresse an den Führer? Er hat eine Antwort gegeben an Bertram, er habe es an das Kirchenministerium gegeben.

Der Bischof von Münster hat einen Erlass des Ministeriums auf der Kanzel verlesen: Darüber große Entrüstung. Wir können aber sagen, meint er, wir haben keine andere Möglichkeit über diese Frage zu sprechen.

Hudal: Er mißbilligt, daß der Name Rosenberg genannt wurde, weil das Volk es aufs ganze Werk von ihm bezieht.

Über Arbeitsdienst der Theologiestudenten seien die Bischöfe nicht einig. Wenn erst nach vier Semestern, dann könnten sie Schule machen. In Frankfurt trat so einer auf, und der Redner sagte: Sie wissen es besser, kommen sie herauf.

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Schule für die Gemeinschaft: Er habe gesagt, die Einheit kommt nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Wenn das Volk gewonnen wird, wie in Italien, alles begeistert für Mussolini, obwohl nicht alle bei der Partei sind.

Secreto: Gar kein Mensch soll davon wissen. Nichtmal im Hause. Er habe auch in Berlin nicht gesagt, wohin er reise. Wegen Bischof Simon, er habe geschrieben, man soll sich an mich halten.

Über den Zeitungsartikel im Frankfurter Volksblatt: Sorgen in Fulda. Ich: Der Schreiber wußte gar nicht, daß wir kurz vorher gegen den Bolschewismus ein Hirtenwort erlassen hatten. Er: So geht es, wenn Hirtenworte nicht veröffentlicht werden dürfen und nicht zur Kenntnis der Schriftsteller kommen.