von
Papen
bei mir,
Aschermittwoch,
1.3.33
.
12.00 - 13.15 Uhr.
Persönlich.
Sehr pünktlich angekommen. Küßt gewaltsam den Ring. Am Schluß bittet er um den Segen und wieder Ringkuß. Am Anfang: In
diesen schweren Stunden,
da manchmal Überschweres
auf seinen Schultern liege - die Stimme versagt und die Tränen stehen in den Augen, wie auch am
Schluß. Sonst machte er im Sprechen einen sehr sicheren Eindruck.
Wie das alles gekommen
sei.
Er habe das Vertrauen des
Reichspräsidenten
gehabt.
Schleicher
habe immer erklärt,
er werde einen Teil der
Nationalsozialisten
herüber bringen und eine
parlamentarische
Mehrheit schaffen, dann aber zeigte sich,
daß
Gregor
Strasser
nicht
einen Abgeordneten, geschweige sechzig hinter sich hatte. Der
Präsident
habe ihn wieder gerufen: Gibt es gar keinen Ausweg.
Ja,
wenn
Hitler
Reichskanzler werde. Er rechnet nach Stunden: Zwischen elf und zwölf.
Hitler
sei sehr mäßig in seinen Forderungen gewesen.
Eine
autoritäre
Regierung, aber
Hitler
wollte nichts vom Zentrum wissen und trotzdem,
wenn
Kaas
statt 13
Fragen
zu stellen ihm gesagt hätte:
Ja,
aber wir behalten uns vor,
zurückzutreten. Die Wahl jetzt hätte nur einen Zweck, geistesgeschichtlich
zu klären, nicht eine eigentliche Wahl.
Ich: An seinem guten Willen nie gezweifelt, Mißtrauen nur gegen
Hugenberg
,
ob der nicht übermächtig würde gegen die Kirche.
Die
Notverordnung gegen den
von
Dr.
Bracht
seien doch sein Werk gewesen.
Parlamentarisch
wäre das nie
gegangen. Endlich einmal durchgreifen. Ich wünschte,
wir hätten auch im Süden einen solchen Reichskommissar gehabt.
Die Geschichte der letzten Tage:
Der Brand im Reichstag, vierzig Brandstellen.
Im
Liebknechthaus:
Daß bis heute dieser unterirdische Gang nicht entdeckt wurde,
zeigt,
wie das Zentrum mit den
Sozialisten
befreundet war und daß nie ernst gesucht wurde.
Nicht wie früher Regierungsgebäude stürmen,
sondern das Volk zermürben, an 100 Stellen gleichzeitig Brände legen, Bauernhöfe anzünden,
Scheunen aufreißen, die Beamtenkinder auf dem Schulweg wegfangen und bei
Streik sie vortreiben, die Speisen
vergiften, in die Häuser eindringen
und den Pförtner und das Personal niederschießen, gestern stundenlang darüber beraten
.
Hitler
spricht nur,
wenn
Volkspsyche, die glaubt er besser als alle zu kennen. Er kann nichts tun,
was unsozial wäre.
Der § 2 der Notverordnung
gegen
Hamburg
(dort erscheint die Rote Fahne, demnächst Umzug der
Nationalsozialisten
und des
Reichsbanners)
und ebenso
Lübeck,
nicht gegen
Bayern.
Er habe sofort den
bayerischen
Gesandten
zum
Reichsinnenminister
geschickt,
das zu erfahren.
-
Nazis
zur Zeit sehr scharf,
aber nach der Wahl werde ruhig gearbeitet werden, dann werde
Ruhe eintreten, auch
Unpopularität.
Wenn doch in
Bayern
der Gegensatz gegen die
Nazis
nicht so scharf wäre.
Königsfrage: Er werde es heute Mittag auch seiner
Majestät
sagen. Man möge doch bedenken,
daß
Hitler
sofort seine Leute marschieren
ließe und
daß
Reichswehr eingesetzt würde und es gäbe einen furchtbaren Bruderkampf. Das könne nur gleichzeitig gemacht werden mit Preußen und
den größeren Ländern. Er sei selber
Monarchist
und
Legitimist
und für ihn lieber heute als morgen, aber doch
abzuwarten.
Ich: Es war vor
Woche
ein
Herr
bei mir und erklärte:
Ganz Bayern.
- Ich sagte ihm: Auf den Firmungsreisen nichts davon gemerkt.
Natürlich,
im Büro des
Kronprinzen
laufen die Zustimmungen ein. Man müsse auch an
morgen
denken, - was dann.. In der Volksküche.
Patrona Bavariae
natürlich und bei der Beisetzung
vom
Prinzen
Alfons
...
Ich: Der Unterdrückungskampf gegen
Kommunisten
wird eine solche
Wut
ansammeln,
die einmal losbricht. Wäre es nicht möglich,
die Zufuhr von
Moskau
abzuschneiden, die Geldsendungen, die Verbindungen abbrechen - Lieber inländischer Industrie Aufträge geben
- Das nimmt er an, meint, später würde das durchgeführt werden können.
Ministerpräsident
Held
:
Heute sei er in Berlin beim
Reichskanzler
. Dort wird ihm erklärt,
daß gegen Bayern
ein
Reichskommissar
nicht eingesetzt werde,
aber der
Reichskanzler
will
auch ihm wegen der
Rede in
Kaiserslautern
sagen, so gehe es nicht weiter. Ich erkläre: Seine
Stuttgarter
Rede
sei in der Form verunglückt gewesen. Ich ehre ihn sehr
hoch, aber das habe ich schon erklärt, so spricht ein Staatsmann nicht. Ein Redner läßt sich leicht fortreißen vom Beifall.
Er meint,
Minister sollten nicht in den Parteikampf steigen. „Ich bin doch
Föderalist“
erklärt er feierlich, und werde dafür sorgen..
...
Hindenburg
habe den
Hitler
durchaus nicht gewollt, erst dann,
als er ihn selber zum
Vicekanzler
machte und befahl, Vortrag immer
zu zweien.
Nach der
Königsfrage
erkläre ich: Man soll aber nicht wie
Göring
von
Seperatisten
sprechen, das verbittert unser Volk.
Und nicht von katholischer Donaumonarchie sprechen. Der
Kaiser
habe ihm einen seiner drei Rundbriefe, die ich über
Sigmaringen
bekommen habe, geschrieben,
er wisse aus
absolut
sicherer Quelle in Paris, von Rom aus eine katholische Donaumonarchie geplant. Ich fragte
damals
Staatssekretär
Gasparri
,
ob jemals dort ein Wort gesprochen worden.
Bestimmt:
Nein,
ich sei ermächtigt,
auch von dieser Erklärung Gebrauch zu machen. Im gleichen Jahr damals,
als er mir auseinander setzte, daß
Gasparri
die Auslieferung des
Kaisers
verhütet mit dem Stichwort:
Monstrum historicum
.
Er habe zuerst in der
Zeitung geschrieben und als keine Antwort kam,
nach
Washington
mit dem
Namen
, dann nach Holland und so zuerst die,
die dagegen waren,
und zuletzt Frankreich. Er: Er habe das nicht gewußt. Man hätte das veröffentlichen sollen. Ich: Ich habe damals
Gasparri
Pietro
gefragt, aber die Antwort bekommen: „Dafür wird die Stunde kommen“. Er meinte wohl,
zur Zeit noch
nicht wegen Frankreich.
Durch den
Gesandten
ließe sich das feststellen. In der öffentlichen Aussprache
war
plötzlich nicht mehr die Rede vom Ausliefern
.
Zum Abschied: Ich wisse die Ehre zu schätzen. Würde mich freuen,
wenn wir uns wieder begegnen.
Nicht gesagt: Daß ich das letzte Mal nicht Volkspartei gewählt.
Er bittet noch, doch Vertrauen zu haben, er werde als Katholik alles tun,
und hoffe,
auch nach der Wahl katholische Mitarbeiter zu finden. Ich: Ich habe zu ihm persönlich alles Vertrauen. Mißtrauen besteht nur,
ob nicht
Hugenberg
der
Mächtigere sei.
Was für ein Unglück es war,
daß Zentrum und
Sozialisten
so lange zusammengingen (da wurde er sehr erregt),
sieht man an der weltlichen
Schule. Im Süden weniger,
aber im Norden. Das Zentrum hat diese Schule geduldet,
wo nichts von Religion war, wo
dissidentische
Lehrer
währten
, - mit der Ausrede: Einen faulen Apfel nicht zu den Anderen legen. - Unsere Aufgabe ist doch, die Jugend
zu erziehen,
die müssen doch etwas von
Liebe Gottes
hören und den kleinen
Katechismus.