Tagebucheintrag vom 29. Oktober 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10023, Seite 24-25

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Montag, 29.10.45. 8.00 Uhr Guthirtenkloster Profess (ohne Einkleidung). eine zeitliche Profeß und fünf ewige Gelübde. Meine Ansprache: Sieben Quellen apostolischer Gesinnung.

Chaplain Cuddy: Gab Pater Thomas wiederholt Zeitungen und Zeitschriften, heute Tablet. Wegen des Hirtenbriefs sollen wir in USA Alarm schlagen. Das tun wir nicht, wir wollen zunächst direkt verhandeln und nicht verletzten. Er ist offenbar Draufgänger ...

Baronin Geyr von Schweppenburg: Ihr Mann, General, im Lager Neustadt bei Treysa, Treysa bei Marburg. Verpflegung und Zustand unerträglich, die meisten krank. Responsum: Ich darf für Generäle keine Eingabe mehr machen. Für drei geschehen. Ich fürchte, ich mache es nicht besser. Die erste Frage würde sein: Wie ist die Mitteilung hinausgekommen. Ob sie mit einigen Damen nicht vorstellig werden könnte in Frankfurt? Das will sie tun. Zurzeit Irschenhausen bei Ebenhausen.

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Erna Hamm, Enkelin des Ministerialdirektors von Rauck, Clemensstraße 36 1 rechts – war in Berlin an der Staatsbibliothek, auch im Hause Göring, eine Zeitlang bei der Partei - Jetzt hier, will es, um Zuzug zu erhalten und Lebensmittel hier bei einem Verlag versuchen. Ich werde ein Gesuch anfertigen.

Forsthuber – der 1. Stock Osten von der Hypo Bank geräumt, wird aber geschimpft werden. Den 2. Stock noch nicht räumen, weil sonst Familien hereinkommen.

Lotter – hat im Lager von Kiel Hörer, religiöse Vorträge gehalten, apostolisches Wirken. Um den Hunger nicht zu fühlen, haben sie gelesen. Über die hiesigen politischen Verhältnisse. Ist nicht zufrieden. Da breche ich ab. Macht jetzt zuerst sein Haus.

Professor Linhardt, Dreieinviertelstunden (um 15.30 Uhr zum Mittagstisch). Entrüstet über den Rektor, der ihm geschrieben. Auseinandersetzungen über Sterilisierung, Euthanasie (von Kindern wußte er nicht), ob er gar keine Aussicht habe. Nein. „Durchkämpfen?“ Ich bitte Sie, nicht überstürzen. Politisches wird die Militärregierung überprüfen, aber indirekt der Zivilverwaltung übertragen, es nicht auf Entlassung ankommen lassen ohne Pension, ruhig eine Pfarrei annehmen, dann kommt Erholung. Aber man wird uns die politische Behandlung übertragen. – Jedenfalls nicht Suspension oder Excommunication. Ich muß ihm sagen: Was Sie mir heute sagen, hat mich erschreckt. In all diesen Fragen pendeln Sie am Rande der kirchlichen sittlichen Lehre. Die sittliche Ordnung steht unter der Jurisdiktion der Kirche. Er: Spricht sich selber an. Ich liebe die Kirche, ich will in der Kirche bleiben. Aber solche Briefe wie der Rektor schreibt, sind eine Lüge. Der Klerus hat von mir ehrlich zu sein gelernt. Nun zwei Wege: Entweder er kämpft es durch oder er geht auf die Pfarrei. Natürlich vorher eine Erklärung.

(Mitgeteilt, daß Redakteur der Schöneren Zukunft, Dr. Josef Eberle, in Ailingen lebt und schriftstellerische Arbeit wieder aufgenommen hat.)

͑ἱππ
Es dürfte Dora Hipp gemeint sein.
von der Küche her.