Tagebucheintrag vom 6. Januar 1940Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10019, Seite 16,17

Text+KommentierungNur Text
Samstag, 6.1.40. Dreikönig. 9.25 Uhr Hochamt - Dom ist nur halb gefüllt. - Besondere Müdigkeit, aber nachher die Besuche.

Zwei Frauen vom Frauenbund, Bezirksleiterin Wex von Sankt Maximilian und Frau Hirschmann bringen ein prächtiges Dreikönigsbild von Kunstmaler Kreuzer
Es könnte sich um den Münchner Kunstmaler Kreuzer handeln.
. War im Glaspalast, sie haben ihm Rahmen und das Äußere bezahlt, er soll einmal kommen. Ein wenig überschwänglich.

➥ Seite 17

Pater Dagobert: Eine Reihe von litterae postulatoriae ununterschrieben und bereits nach Rom gegeben, nun legt er einen Entwurf vor für die Bischöfe. Ich übernehme auf der nächsten Konferenz, es zu befürworten und dann werden wohl die vier Kardinäle
Es dürften die Kardinäle Bertram, Schulte, Faulhaber und Innitzer gemeint sein.
unterschreiben.

Marie Fitz: Sammlung Winterhilfswerk - für 8 M. Wappenbild und einige Leuchtschilder.

Exzellenz Botschafter von Hassell eine ganze Stunde, 12.00 - 13.00 Uhr. Ich leite ein: Mein Secretär erzählt dankbar von den Besuchen im Germanicum, - auch in Saba und San Pastore. Ein Herr von der Gestapo bezeichnet ihn hier als den Führer der katholischen Botschafter. Es handelt sich um die Vermählung seiner evangelischen Tochter mit dem katholischen italienischen Offizier, zuerst hat er, in Ebenhausen wohnend, den Abt von Schäftlarn angerufen, der ausweicht, aber dann nichts mehr hören läßt. Ein Pater Otto (?)
Es handelt sich um Pater Odo Wachter.
kommt zu ihm, er geht zu Prälat Scharnagl, der ihn sehr freundlich empfängt und erklärt: Was nachher gemacht, könne man dissimulieren, das sei seine Sache. Später aber schriftlich erklärt, man könne keine Dispens geben, wenn nachher eine zweite Taufe. Mit Pater Johannes gesprochen: Ja, wenn keine Trauung, sondern eine bloße Einsegnung (so hatte er mit dem evangelischen Bekenntnispfarrer
Vermutlich handelt es sich um den evangelischen Pfarrer von Schäftlarn.
verabredet, der nachgibt). Er hält die Sache für geordnet, schickt die Einladungen raus - seine Tochter war bei Pater Johannes, jetzt in vier Tagen die Trauung: Es könne nicht dispensiert werden, wenn .. Was soll ich machen? Hier steht der Canon, den ich aufrecht halten muß. Ich wäre bereit zu dispensieren, ich würde nach Rom mich wenden, aber es gibt keine Dispens. Der Fall Boris hat das bewiesen. Scharnagl hatte mir gesagt, er habe klare Auskunft gegeben (er will seine Aussage beschwören). Wenn Formfehler gemacht wurde, wenn verzögert wurde … Das kann an dem Gesetz nichts ändern, Unterschied zwischen Trauung und Einsegnung besteht nicht, wir sprechen auch gleichbedeutend von beidem, - coram ministerio catholico, acatholico. - Jeder Kirchgang wird vom Volk so aufgefaßt. „Was soll ich tun, zeigen Sie mir einen Ausweg“. Ich kann nichts als den Standpunkt der Kirche erklären. Heute habe er die größte Enttäuschung seines Lebens erlebt, er sei empört, der Schwiegersohn habe erklärt, er sei bereit „nur evangelisch“. Er meint, die Partei werde sich damit befassen. - Das kann meinen Standpunkt nicht ändern, ebensowenig wie meine freundschaftliche Beziehung zu evangelischen Christen, weil auch - für mich nur das Gesetz. Beim Weggehen unter der Türe: Dann werde eine religiöse Feier im Haus veranstaltet. Fortsetzung siehe folgende Seite.

15.45 Uhr begleite ich die Schlußprozession in Sankt Peter.

16.30 Uhr Frau Direktor Eid - gratuliert zum neuen Jahr. Von Willy und seiner Zukunft.