Tagebucheintrag vom 11. November 1935Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10016, Seite 134-135

Montag, 11.11., Professor Dr. Steinbüchel, der neue Moraltheologe. Willkommen, von Straßburg schon bekannt. Über die Tätigkeit dort und die Schwierigkeit dort: Er habe mit seinen Studenten bei der Abschiedsfeier Complet gebetet: Freut sich, daß ich die Moral nicht als Casuistik auffasse, sondern philosophische Grundlage, wird über Ethik lesen. Auch in öffentlichen Vorlesungen, sobald es sein kann. Auch für weitere Kreise - darüber ist er sehr erfreut. Macht einen äußerst sympathischen Eindruck. Wie gerne ich die missio erteile. Bittet am Schluß um den Segen. Ringkuß.

Christian Helmschrott, von Pater Sigisbert empfohlen. Wohnt hier mit seiner Schwester, früher Föhring. Scheut Gesellschaft auch mit Schülern. Regt sich über die Zeit furchtbar auf. Viel vom Julianum, wo er 18 Jahre war unter Hümmer. Was ihn drückt: Ich hätte als Präfekt im Kilianeum einmal gesagt: Komm doch zu uns, das habe er zu Hause erzählt und darüber hätte Hümmer einen schweren Brief geschrieben - ich erinnere mich gar nicht mehr. Du.

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Direktor Schöpf: Das kultische Spiel hier wird kaum zustandegekommen, weil neuerdings Erlass: Alles was nicht streng und eigentlich Gottesdienst ist, in der Kirche verboten. Gewiß in Oesterreich die Stücke von Hugin gut aufgenommen, aber die Zukunft (darüber erschrocken, daß ich an diese Zukunft glaube). Darum der Plan von Lujan, Spanien. Auslandsmission. Aber seine Mutter und die Sprache. Gebe Empfehlung einmal Lujan vorzusprechen.

Consul Jordan, bisher Gesandter in Warschau, mit Gemahlin, über München entzückt. Ob wirklich Massenaustritt der Legionäre. Seit Aibling der Führer wegen.. in Westfalen, in Dachau. Der Führer will nicht diese geschlossenen Austritte, der Stürmer. Nicht Wotan wie die Dame meinte, aber deutschgläubig. Mehr deutschgläubige Organisationen als man glaubt, besonders hier Studenten. Andererseits Kirchenbesuch gut. Unsere Jugendvereine zusammengeschmolzen. Der Rest sehr treu, jetzt aber wegen wirtschaftlicher Bedrückung wohl bald aufgelöst. Überall Beobachtung und die Rede von Schirach und anderen. Sie meinen, das Bild sei schwärzer als sie glaubten.

Dr. Egenolf: phonetische Kurse, so wie für Angermeier . Beide: Kurse für den Klerus, besonders die Jungen werden kommen hier in München, dann Kurse im Seminar. Darüber der Seminarregens entscheiden muß. Am besten wenn einmal ein Dozent dort. Er meint einhundert Leute ein Semester nach Berlin - wird uns zu teuer. Die Sache sehr gut, hat schon viele gehalten. Rackl , ein Schüler von ihm, wird vorangehen mit dem Seminar.

Studienrat Schmöger: Zuerst besorgt, wie man seelsorglich HJ erfasse. Er habe eine Gruppe. Ich: Die katholischen Jugendverbände sind nicht zu halten, sie müssen aus wirtschaftlichen Gründen in die HJ, also Seelsorge dort. Offiziell ist nichts zu machen mit Klein und Etzel. Die Herren sollen sich zusammentun. In der Sprechstunde bei ihm viele Eltern: Was sollen wir machen. Der Junge darf doch nicht untreu werden dem katholischen Verein. Auf der Religionslehrerkonferenz keine Einheit. Er wollte offenbar sich auf mich stützen, um für die Auflösung zu sprechen.

Nach Tisch Frau Kirrmeyer, Mühldorf: Zuerst viel Klage, der Prozess sei verloren. Sie habe viel geschrieben. Der Frauenbund schon 2000 M. bezahlt. Sie will für Unterstützung etwas geben, für arme Seminaristen und läßt 100 M. bar und einige Zinsscheine da. Ich werde es dem Regens in Freising geben.

16.00 Uhr Besuch im Hause Nazareth: Viele Sorgen. Haus unter Bewachung. Also lieber Vorträge abstellen, auch Heliand und Societas Religiosa Exercitien, die anderswo sein können. Kronseder, Koch - Vorsicht. Pater Timotheus wird Dezember Vorträge halten über Gott suchen und Gott finden.

17.00 Uhr, Josefinum, Bischof von Augsburg besucht.

Gertraud kommt von Ochsenfurt und Heidenfeld zurück. Traurige Nachricht über Heidenfeld.