Tagebucheintrag vom 1. Mai 1933Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10015, Seite 45-46

Text+KommentierungNur Text
Montag, 1. Mai 33: Der Tag der nationalen Arbeit. Strenger Feiertag, am Sonntag voraus wird gehämmert und Bäume gefahren. Die Häuser sollen alle mit Grün und Fahnen geschmückt werden. Wir hängen weißblaue und schwarzweißrote heraus und schmücken den Balkon grün. Zum Ordinariat waren Bäume geschickt worden. Straßen wie ausgestorben. Gestern Abend das Feuerwerk verregnet. Gottesdienst der erwerbstätigen Vereine. Im nächsten Jahr wohl auch kirchlicher Feiertag.

Pater Chrysostomus Baur – Rechtslage wurde auch durch seinen Rombesuch nicht geklärt. D’Herbigny wisse offiziell nichts davon. Also halten wir uns an die Zuschrift von Besson, die ich ihm übergab. Zunächst also 26 000 nach Rom schicken (Besson Mitteilung machen) und dann das Verhältnis ⅔ eingeborene Orientalen, ⅓ Russen- Missionare.

Marie Buczkowska – Hat jetzt Kündigung erhalten, nach der „Beurlaubung“. Eine Zeit der Heuchelei, alles macht schöne Worte ins Gesicht. Der Fall Graf. Die Regierung geht auf unsere Gesuche ein.

Albrechtskirchinger – Katholischer Lehrerverein und Nationaler Lehrerbund. Schemm hat ihm Vollmacht gegeben, die katholischen Vereine zu sammeln, unter eigener Leitung. Darüber. Das geht über die Eingabe der Bischöfe hinaus. Die Westfalen und Badenser sind unglaublich vorgeprellt. Ich gebe ihm vertraulich unsere Eingabe an Schemm (Ein Glück, daß wir nicht auf die Anträge Schröteler
Vermutlich ist Christian Josef Schröteler gemeint.
eingegangen sind) und er gibt mir Abschrift seiner Vollmacht und Richtlinien.

➥ Seite 46

In diesen Tagen war Gartmeier einmal hier: Dr. Graf in Schutzhaft soll unterschreiben. Der Widerruf soll an der Gemeindetafel angeschlagen werden. Dann läuten wir nicht. Ein ähnlicher Fall Kebinger in Oberfeldkirchen bei Trostberg – hatte das lange Aushängen der Hakenkreuzfahne beanstandet. Über Leohaus.

1. Mai: 17.00 Uhr Maria Berrsche – Ob ihr Mann
Vermutlich gemeint: Alexander Lösch, genannt Berrsche.
übertreten könne – Ja. Subjektives Gefühl sträubt sich, aber objektiv logisch, und rechtlich ist es keine Gesinnungslumperei. Ich war vorsichtig beim Reden, sie selber redet wie ein Wasserfall.

Bis Mitternacht und 15 Minuten darüber gearbeitet und Regensburger Protokoll diktiert (nur 8 – 10 war alles im Haus um Radio versammelt). Gertraud singt Wessellied mit.

Das war mein Tag der Arbeit.