Tagebucheintrag vom 18. November 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10004, Seite 13

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18. November 1919, 10.00 - 11.00 Uhr Hildegard kurz vor Abreise in die Schweiz, confitetur, mit Marie Seinsheim, sah auf der Heimreise über Wasserburg einen großen Wagen auf einem Bauernhof, selber zu Fuß.

16.00 - 18.00 Uhr bei furchtbar schlechtem Wetter Thee in der Lega degli emigranti. Frau Bruscato hält eine Rede, der Konsul Hegi, zu dessen Ehren der Tee war, antwortet. Stingl war da (sollte Verkehrsminister werden), Bericht erst von der Abendzeitung und Münchner Neuesten Nachrichten.

Frau Lehrer Straub, München, schickt Lichtbild ihrer Kinder und dankt für die Mission in sehr überschwänglicher Sprache.

Sofie Roth, Karlsruhe: Sie sei katholisch und unabhängig sozialistisch. Warum ich den Eid erlauben könne. Wer Kriegsanleihe gezeichnet hat, hat dem Teufel geholfen. Der schlechteste Kommunismus ist mir lieber, als solch ein Fürst. Auch der Papst hat Waffenehre gesprochen. Lesen Sie die Offenbarung, die meisten Menschen suchen zuerst ihre Sache und an zweiter Stelle erst Christus' Sache. Ich habe im Traum den Aufmarsch der Sozialisten gesehen, schon viele Träume von mir sind in Erfüllung gegangen. Auch den Bischof von Straßburg habe sie belehren lassen. Statt daß die Bischöfe lehrten, müsse man sie belehren.

Maria Wieser, Schönhub, war eineinhalb Jahre im Kloster, dann wegen Betteln halbes Jahr im Gefängnis, aus Liebe zur Einsamkeit, will aber durchaus wieder Krankenschwester werden. Arme Leute, Strasser von Unterschönhub, haben ihr 2500 M geliehen zur Ausbildung, obwohl sie selber ganz arm sind, jetzt soll ich diesen das Geld zurückgeben. Sie würde sich mit Hilfe der göttlichen Vorsehung sehr darüber freuen.