Tagebucheintrag vom 23. September 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 112

Text+KommentierungNur Text
23. September, Aumônier Vogel vom Guten Hirten Straßburg - mit dem Blick und Gebaren eines Geistgetrübten, zieht ein Manuskript aus der Tasche: Jesus und Maria, beide von Gott gesandt, wie Adam und Eva, sehr ins Geschlechtliche spielend, dazu von Altarsakrament und von der Kirche. Ich lehne es ab. Das Verhältnis der Hirtenklöster zum Mutterhaus in Angers.

Baron Cramer-Klett unmittelbar vor der Romreise. Über Campo santo und meine Romreise - möglichst bald wegen des terminus ad quem und des terminus a quo! Die Einreiseerlaubnis könnte der Nuntius vermitteln. Er will drei Wochen dort bleiben.

Dr. Brem wegen Katholikentag. Im Notfall die beiden Kirchen Michaelskirche und Bürgersaal. Nicht 3 und 5 M, sondern 2 und 3 M und lieber Garantiefond.

15.00 - 17.00 Uhr besuche ich die schwer kranke Frau Dr. Liebel. Heute ist Robert gekommen. Der Vater sehr traurig, weil der Arzt nur 30% Blutkörper feststellt und sagt, weiter dürfe es nicht mehr herunter. Sie hat einen schweren Tag, spricht vom Kreuzweg, und vom lieben Heiland früher, und vom Sterben. Allein unter vielen Tränen, wie hart es sei, Robert so leiden zu sehen und zurück lassen zu müssen und die Kinder.

Katharina Vogl, Zweibrückenstraße 9 schreibt, es sei ihr „gesagt“ worden, ich werde bald sterben; bei Kardinal Bettinger und Pius X. sei es ihr auch gesagt worden. Sie muß mir das schreiben. Tatsächlich habe ich Schwindelanfall und einen Druck auf dem Kopf und manchmal so gnadenvolle Stunden, daß ich selbst so auffassen muss: Der Herr hat angeklopft, esto paratus!

Nuntius Pacelli: Dankt für meine Denkschrift. Ich erzähle von Präsident Veit. Er ist bedrückt, weil Fournelle durchaus sich nicht an die Entscheidung der Bischöfe von Fulda halten will („die Bischöfe seien auch von den Gewerkschaften terrorisiert.“) und durchaus eine Entscheidung von Rom haben will. Pacelli: So möchten sie es, statt sich an die Bischöfe zu halten.

Noielle Duchesne aus Bruxelles, Schriftsteller, schreibt, er hätte ein Werk über sein gequältes Vaterland Belgien geschrieben, brauche aber Geld um es fertigzustellen und ich könnte überzeugt sein, daß Gott den Henkern von Belgien gnädig sein würde, wenn ich ihm Geld schicken wollte.