Tagebucheintrag vom 10. Mai 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 82-83

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10. Mai: München nicht mehr im Zeichen der Roten Fahnen! Auf der Residenz, auf dem Palais Wittelsbach, an der Türkenkaserne das weißblaue Zeichen! Sogar das Bild von Eisner am Ministerium ist verschwunden. Am Karlsplatz, wo der Kiosk ausgebrannt ist, die Scheiben vielfach durchlöchert und die Häuser tragen die Spur der Einschläge. Auch in der Bibliothek des Ordinariats und auf der Nuntiatur und an der Medizinischen Klinik; ebenso im Postulat der Barmherzigen Schwestern die Wand vielfach durchschoßen, Ofen, Bilder vom Heiligen Vater. Maueranschläge fordern auf, in das Freikorps einzutreten. Geschlossene Verbände ziehen durch die Stadt, wieder einmal richtige Soldaten, - ganz andere Gesichter. Die Geistlichen werden wieder gegrüßt.

Im Officium beten wir: Post transitum maris rubri Christo canamus principi.

Kaufmann Sahm aus Solln, früher in Frankfurt - hat wenig Liebe im Leben erfahren und will sich ein Haus in Neustadt an der Saale bauen und dieses später solchen Schwestern vermachen, die sich in der Krankenpflege der Großstadt abgearbeitet haben. Er hat mit der Oberin in der Löwengrube bereits gesprochen, aber unverbindlich und allgemein, wahrscheinlich auch von einem Dritten, wie zuerst auch mir gegenüber. Ich erkläre ihm, unter Barmherzigen Schwestern verstehen wir hier die Vincenzschwestern, die in Nordbayern wenige, aber doch einige Häuser hätten und für eine Erholung sie sicher sehr dankbar sein würden. Er soll sein Testament nur deutlich machen, die kirchliche Genehmigung sei hiermit von mir erteilt, da es sich um Münchner Schwestern handle. - Erklärt, es sei ihm ganz gleich, was für Schwestern, wenn nur Krankenschwestern aus der Großstadtpflege und ist damit einverstanden, daß das unsere Vincenzschwestern sind.

Protest, daß der Nuntius mit dem Revolver bedroht und ihm das Auto abgefordert wurde.

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Dr. Gerg von den Schulschwestern 1) wegen der weltlichen Lehrerinnen in Amberg habe der Magistrat nun geschrieben. Der Orden muß den früher ablehnenden Standpunkt festhalten, sonst legt er eine Bresche. 2) Die Profeß am 23. August, weil sie keinen Sonntag wollen.