Tagebucheintrag vom 28. Februar 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 56

Freitag 28. Februar, der Rätekongress tagt weiter, die Räte wurden, wie meine Schwester sagt, von Soldaten begleitet, und die Straßen sind wieder abgesperrt. Über Verwüstungen im Augsburger Palais kommen jetzt Untersuchungen, dass man ihm Kelch gestohlen und Chorkleider zerschnitten habe. Hier drängte die Hochspannung zu einer Entladung. Nachmittags werden Plakate angeschlagen und vom Flieger Blätter abgeworfen: Das Volk soll das Joch der Spartakisten abschütteln und von der Straße bleiben, damit die Soldaten Ordnung schaffen könnten.

Vor meinem Hause haben, als Caecilie heraus ging, ein paar Soldaten zum Spott Kniebeugen gemacht, ähnlich wie neulich das „Maria zu lieben“ gesungen wurde.

Abends 9.00 Uhr kommt noch Nachricht, Sendlingerplatz sei mit Maschinengewehr besetzt und die Spartakisten seien bei Treffler versammelt, es wird heute Nacht noch zum Zusammenstoß kommen. Die Mehrheitssozialdemokraten wollten, dass es einmal zum Krieg komme. Nachmittag in der Rätesitzung des Militärs eingedrungen: „Hände hoch im Saal und auf der Tribüne“ - dann wurden Levien, Mühsam, Kronauer verhaftet. Darüber großen Lärm, dann wurden sie wieder frei gegeben. Scheid, provisorischer Kriegsminister entschuldigt sich - hätte nichts davon gewusst, Dürr, der Stadtkommandant, wird für nervös erklärt, - ein großes Nervenhaus ist die ganze Bude. Die Räterepublik wird abgelehnt, namentlich weil die Bauern nicht mehr mitmachen würden.