Tagebucheintrag vom 20. Mai 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 68

Text+KommentierungNur Text
Pfingstsonntag, 20.5.45, in Freising für drei Tage. 8.45 Uhr Einzug in Cappa (rote Schuhe und Handschuhe vergessen). Hartig predigt. Nach dem Hochamt päpstlicher Segen. Gut besucht.

Der junge Schlüter will zu den SJ gehen. War beim Arbeitsdienst. Der 81-jährige Großvater wurde von den Polen geschlagen, jetzt vom Krankenhaus weg zu Schwesternhaus. In der Fabrik sehr viel ausgebrannt. Die Gefahr noch nicht vorüber, weil jetzt Russenlager.

Dr. Heiß - bringt Briefe von Erzbischof Bamberg. Er kann von sich sagen, er habe Bamberg gerettet, war vorher im Lager der Alliierten, verfaßte den Flugzettel, so daß in großer Gefahr. Will einen Brief zurücknehmen. Schwerhörig.

Früherer Oberfeldarzt Eisenberger, einige Tage im Gefängnis wegen Zusammenstoß mit dem englischen Arzt, jetzt hier Privatpraxis als Frauenarzt. Sein Vater in München hatte geschrieben, sein Bruder wollte ihn besuchen.

Nachmittags, 15.00 Uhr, drei französische Geistliche. Wir hatten für die letzte Division keine Divisionspfarrer mehr. Bischof Piguet lebt.

16.00 Uhr, Exzellenz Ambassador Murphy. Wollte gestern kommen, entschuldigt sich - 10.00 Uhr Flensburg ab, in Reims gelandet, von München hierher zwei Stunden. Siehe besonderes. Später die fünf Herren der Begleitung gerufen. In den Straßengräben liegen Stahlhelme und anderes, aber unsere Buben heben sie nicht mehr auf - auch für sie zu viel Krieg.

19.30 Uhr Maiandacht im Dom vom Herrn Weihbischof - Regens Westermayr predigt sehr lange über „Die Liebe zur Welt“ (Trost für die Ausgebombten) und die acht Seligkeiten. Die Kinder werden sehr unruhig.

Heute nicht bloß bis 19.00 Uhr, sondern bis 21.00 Uhr Ausgang über die Straßen.

In Buchenwald, erzählt einer, der dort war, in Freising, haben Juden tatsächlich vor Hunger einen menschlichen Leichnam gegessen.