Tagebucheintrag vom 1. Mai 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 52-53

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Dienstag, 1. Mai 1945. Die Besetzung von München durchgeführt.

Die Nacht noch unruhig. Kanonenschläge, - man sagt random, also geschossen, bloß um zu documentieren, wir sind da, wir sind eine Stunde etwa im Keller - nach Mitternacht geht es weiter: Die einen, es wurden die Widerstandsnester an der Isar beschossen, die anderen, die Heß-Kolonie mit den großen Bunkern - jedenfalls jetzt scharf schießen, Abschuß und dann etwa sieben Sekunden später Einschlag, also in die Ferne gezielt.

Früh viele Doppelposten auf den Straßen, auch Feldauto, ich messe den Blindgänger ab.

Märkl - auch im Frieden gute Freunde bleiben. Equesmagister schaute nach seinen Leuten (zu lange Aussprache: Dieses Haus gestürmt), Aussprache mit dem früheren Führer - er ist gegen die Juden, wir hätten selber den Bolschewismus, - ein Geistlicher in Polen großartig gepredigt, beim Arbeitsdienst vor der Kirche auf dem Rochusberg Hetzreden.

Sanitätsobergefreiter Döll: Meine Männer sollen vorläufig hier bleiben. Die Amerikaner erkennen das Rote Kreuz nicht an, deshalb sind schon die obersten Sanitätsbehörden davon, die Männer im Haus müssen die Armbinde ablegen. Es seien Geschäfte wie Pollinger bereits von der Besatzungsbehörde geöffnet und dem Publikum überlassen worden, die ersten Soldaten mit Mädeln ziehen schreitend durch die Straßen.

Zwei Officers, the first Lieutenant Gerber, Company "L", 179 Infantry, und der andere ohne Namen erklären: Wir sind hier nahe einquartiert, we will do what we can do for you. Equesmagister war dabei und sprach viel. Ich lege ihm vor: 1) Wo sind bereits Schwestern und englisch sprechende Dolmetscher für ospidaly für verwundete Soldaten zur Verfügung zu stellen. Darauf er: Wir sind a military office. 2) Meine in Dachau zurückgebliebenen Geistlichen machen mir große Sorge. Ich werde heute noch erfahren, ob sie noch leben.

Dreimärkl ohne Untersuchung und Spritze. Will nur fragen. Weiß, daß Besatzung bereits in Garmisch und Mittenwald ist. Seine Frau sehr tapfer, erklärt den SS an der Kirchenmauer von Ramersdorf, die Kirche nicht in Gefahr bringen und sie zogen wirklich ab.

Pater Pies - der Todeszug zu Fuß, vier zu je 5 000. Dem einen fuhr er nach und bekam von 79 doch 35 heraus, mit ihrem Lastauto, jetzt müssen sie erst gestärkt werden. Viele Hundert werden nicht ankommen. In den Straßengräben die Zurückgebliebenen. Die in Dachau Zurückgebliebenen aber? Er will heute Mittag nachsehen. Pullach ist Lazarett. Gestern nicht beschossen worden, die Schüsse gingen nach Solln und in die Kolonie dort.

Mister Jordan
Es dürfte Max Jordan gemeint sein.
, Empfehlung von Welfare Conference, Washington, die ich besuchte. Jetzt neu organisiert. Reist dem Heer nach, siehe besonderes.

Gegen Abend als ich zum Rosenkranz wollte, in der Küche ein Amerikaner mit weinrotem Gesicht, er wollte Fleisch, er lief der Schwester nach, in der Hand den Revolver. Als er das Schweinefleisch sah, sagte er, das ist für euch hier im Hause, und ging weg. Zu trinken wollte er nicht, sie hatten vorher Korb mit Wein von der Prannerstraße hergebracht, wahrscheinlich von Eberspacher.

Die Plünderungen nehmen zu. Aus den Häusern werden Privatleute ausquartiert. In Nymphenburg und in Villen in Bogenhausen. Bereits mit Frauen.

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Die Plünderungen werden immer stärker, besonders in den Außenbezirken. Manche Bäcker und Fleischer haben den Kunden schon vorher verteilt. Pollinger Warenhaus sei freigegeben. Weingeschäfte sind natürlich bevorzugt - zwei Soldaten, der eine mit umgehängtem Gewehr, tragen einen Korb voll feiner Weine, am Verschluß kenntlich, von der Prannerstraße 2. Besonders bedenklich, weil auch die Russen sich freigemacht haben. Berenbold wurde bereits mit Pistole bedroht, half sich damit, daß er sie an den Tisch zum Essen setzte, bittet aber dann um ein Zeugnis, daß er Hauptlieferant für Meßwein. Im Hause nachmittags zwei junge Soldaten in der Einfahrt, ziehen sich aber schleunig zurück, als sie das Auto des Jordan
Es dürfte Max Jordan gemeint sein.
mit dem auf dem Kühler aufgemalten weißen Stern sehen. Abends ein junger Soldat, einer wartet vor der Tür, den Revolver in der Hand bis in die Küche, verlangt Fleisch, weist aber Schweinefleisch zurück - that’s for you - als ich kam, ging er weg. Auch dem Auto Jordan
Es dürfte Max Jordan gemeint sein.
werden zehn Flaschen Champagner gebracht.