Tagebucheintrag vom 22. April 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 46

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Sonntag, 22.4.45, die Nacht war nicht ruhig, weil der Sturm die Fensterläden und =rahmen anschlug und die Wagen münchenwärts rollten (nicht mehr in der Früh) - persönliches Gepäck und Ausrüstung also auf dem Rückzug während die Soldaten zu Fuß frontwärts müssen. Einen Aufruf? Auf allen Kirch türmen die weiße Fahne, das wäre heute der Bürgerkrieg.

Den ganzen Sonntag über wiederholt schwere Aprilstürme, aber kein Alarm. Man hört, daß in Schleißheim die Bahn zerstört wurde, in Inkofen vier Personen durch Splitterbomben starben.

Ein Auto mit Offizier fragt nach dem Weg nach Dachau, bayerische Soldaten kamen an die Donau, damit SS von dort nach München genommen wurde, Kabel werden gelegt, ringsum klopft es und hämmert es, um gegen den Regen die Häuser zu schützen, aber keine Sirene.

18.00 Uhr bei Regen mit Regens den Garten hinab zur „Münchener Kapelle“ im Vincentinum. Dort war Altenheim mit fünf Toten und Schwestern mit Schutzraum über der Erde beziehungsweise über dem Bach. Die Bombe an der Straße schlug in den Bach. Kapelle schwer getroffen, aber das Marienbild ist gerettet, sollte wieder aufgestellt werden. Wir begegnen einer Tochter des Herrn protestantischen Stadtpfarrers und sprechen unser Beileid aus.

Auto kommen von der Front, Flakhelferinnen unter Mänteln und Tüchern im kalten Regen. Den Berg herauf immer wieder neue Trichter bis zur Wohnung von Wirthmüller.

Immer wieder hört man von verbrannten Akten - machen auch gar kein Hehl daraus.

Nulla dies sine linea. Darum noch um 24.00 Uhr Kleinalarm, nachdem tagsüber nur einmal Kleinalarm war. Ohne Kellergang. Nach etwa zwanzig Minuten Entwarnung.