Tagebucheintrag vom 21. April 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 45

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Samstag, 21.4.45. Detonationen in der Ferne warnen sehr früh. 10.20 Uhr Alarm, sofort in Keller, auf der Straße alles im Laufschritt, auch die Arbeiter an der Bahn. Zwei Stunden im Keller, Verbände auf bekannter Seite - wenigstens sechs Mal braust ein Verband über uns weg, wir erwarten jede Minute die Bomben - es ging vorüber, auch noch während Tischzeit. Es erhebt sich ein Sturm, wir müssen Fenster und Läden festbinden. Das kleine frühere Schlafzimmer, bekommt heute Fenster und wird als Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kapelle eingerichtet. Aus den Häusern um den Bahnhof herum werden Möbel und andere Einrichtungen getragen und von Fenstern herunter geworfen, verladen auf alle möglichen Fuhrwerke. Ein alter Mann fährt mit einem Ochsengespann - hoch aufgetürmter Möbelwagen. Am zweiten Tag nach der Katastrophe, Sonntag, alle Arbeitskräfte aufgeboten: Gefangene und Soldaten an den Schienen des Bahnhofs, auf den Straßen die Trichter ausfüllend, auf den Dächern die Ziegel richtend, besonders, weil am dritten Tag Regen und Sturm einsetzte, gleichzeitig aus den Lagern wegfahrend, was noch zu retten ist. Von München kommen Truppen von Soldaten ohne Gewehr frontwärts, müssen zu Fuß bis Landshut, wo sie verpflegt werden sollen - alte Männer dabei. Sobald die Alarmsirene heult, eine im Norden der Stadt, eine im Süden, allgemeines Rennen. Kriegshelferinnen fahren ihre Koffer auf einem Kinderwagen, haben mehr Gepäck als die Soldaten. Im Nebenzimmer klopfen und hämmern die Schwestern.