Besuch auf dem Obersalzberg⇦ Einzelansicht
Reisetagebuch/Gesprächsprotokoll, 4./12. November 1936

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Besuch auf Obersalzberg, 4.11.36, 11.00 - 14.30 Uhr, ab 7.00 Uhr, an 10.05 Uhr am Kloster. Fahrt drei Stunden fünf Minuten. Über die neue Autobahn. Die entferntere Einleitung. Ritter - Neurath; die nähere Exzellenz Orsenigo beim Besuch in München, dem ich eine schriftliche Erklärung geben muß, dann Dr. Lammers, der zuerst schreibt, dann zweimal telefoniert und an der „Wache“ am Fuß des Obersalzbergs in Empfang nimmt. Bei der Auffahrt unterwegs viel Arbeiter und Fußgänger, die der Adjutant grüßt. Des Eindrucks wegen. Die Straße so steil, daß bei Glatteis kaum zu fahren. Bei der Anfahrt rechts allgemeine Straße, links durch eine Torwache zum Neubau. Im Kloster: Pater [      ]; Patres Tuto und Adalbert, Bruder Vigil. Und ein Spanier. Provinzialzimmer neu aufgebaut, im Gang rechts Oratorium, in der Verlängerung links in der Mitte der Wand Mayer. Kurat Dr. Baumann.

Aufgang sehr steil. Der Reichskanzler steht oben an der Stiege zusammen mit Reichsminister Heß. Begrüßung beim Kommen und Gehen durch Handschläge und Händedruck, die übrigen durch Erhebung der Hand. Heß läuft mir nach: Heil Hitler. Dem Fahrer eine Kiste Zigarren; Servierer in schwarzer Hose und weißer Jacke.

In der Vorbereitung hatte telefoniert. Ministerialdirigent Meerwald fragte, ob mit dem Wagen oder mit der Eisenbahn komme. Wenn Eisenbahn, dann am Bahnhof abgeholt. Wenn mit dem Wagen, dann bei der SS-Wache wechseln. Im Kloster 20 M. Warum Heß, der Führer der Partei, dabei war? Als Zeuge, daß diesem Bischof rein alles gesagt werde ... als Vertreter der Partei, hat mich scharf beobachtet. Vielleicht auch sich selber zu ermutigen, alles scharf zu sagen gegen die Feinde des Staates, gegen die Zentrumspriester.

Beim Weggehen fragt Lammers: Soll etwas in die Öffentlichkeit. Ich: Hier nicht unbekannt, Gefahr, daß alle möglichen Gerüchte in die Welt geworfen. Er: Wir sprechen noch darüber, kommen Sie zu mir. Am Abend bereits 20.00 Uhr: Heute empfing der Führer und Reichskanzler den Erzbischof von München, Kardinal Dr. Faulhaber, zu Besuch. Beim Weggehen vor dem Wagen stehend, hätte ich nach oben grüßen müssen mit deutschem Gruß. Aber ich fürchtete das Fotografieren.

Kleidung: Im Talar könnte man die Stiege kaum hinauf gehen. Im Gehrock, Kreuz darunter auf der Weste. Auch ohne Zucchetto, aber mit Klerikalhut. Den Ring von Konrad
Es ist nicht auszuschließen, daß es sich um den Vorgänger von Michael von Faulhaber auf dem Speyrer Bischofsstuhl, Konrad von Busch, handelt.
. Leder mit goldenen Knöpfen. Mappe bleibt im Wagen. Photographiert wurde nicht wie kurz vorher bei Grafen Ciano. Ob Mikrophon angestellt war? Weil er an einigen Stellen so laut war zu Anfang der Rede - wäre nicht unmöglich.

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Ob ich die Einladung zu Tisch annehme, war offenbar im voraus zweifelhaft, weil er zuerst klingelte und bestellte.

7. November berichtet Secretär aus dritter Quelle, es sei Auftrag ergangen, die Presse müsse jeden Kampf gegen die Kirche unterlassen.

5. November hat Pacelli dem Roosevelt einen Besuch abgestattet.

12.11.1936 mit Monsignore Colli: Meine Berichte habe niemand als Orsenigo und er gelesen. Er hängt besonders „am letzten Versuch.“ Ich wiederhole einiges besonders, zuerst giudice, am Schluß Gott. Er fragt, ob über die Gemeinschaftsschule.

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Digitalisat Faulhaber-Edition