Tagebucheintrag vom 23. November 1918⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 18

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Samstag, 23. November Todestag der Mutter - beati mortui.

An Baron Cramer-Klett: Inmitten der schweren Sorgen, die angesichts des kommenden Kulturkampfes Tag und Nacht auf mir liegen, hat mir gestern Herr geistlicher Rat Buchberger das hochsinnige Anerbieten Eurer Hochwohlgeboren übermittelt, das mich gerade in dieser Stunde tief gerührt hat. So habe ich, wenn wir auch die Armut nicht fürchten, wenigstens die tröstliche Gewißheit, nicht auf der Straße zu stehen und nicht auswärts von München wohnen zu müssen. Dafür möchte ich heute schon dem großen Wohltäter unserer heiligen Kirche aus tiefster Seele danken und Gottes reichsten Segen erflehen. In herzlicher Ergebenheit und durch Diözesanverband in seelischer Gemeinschaft ...

Prokurist Leiter ein großer Held im Reden und Prof. Rauecker Mosaik. Die Mosaiken in Sankt Maximilian gehen nicht voran, seit einem Jahr sei nichts geschehen, große Erbitterung, weil das Geld verloren gehe. Pfarrer Fiechtner habe 100.000 RM bereitliegen. Außerdem in Sankt Benno die anderen sechs Apostel, ich werde schreiben und trete dem Kirchenbauverein Maximilian bei. Erkläre aber scharf, daß die Kirche in der Kirchenkunst etwas mitzureden hat.

Ex Exzellenz von Knilling über Trennung von Kirche und Staat, über die Veränderung überhaupt, die Liberalen hätten vollständig versagt, Monarchie kommt nicht wieder. Leider keine Landessteuer.

Dekan Göttsberger: Die anderen Fakultäten müssen die Theologie halten, wenn sie überhaupt zu halten ist, besonders akademische Abgeordnete? Möglichst mit Würzburg und Erlangen zusammengehen und für die Denkschrift, die sie ausarbeiten wollen, möglichst viele Kollegen gewinnen. Ich befürchte, sie werden nicht zu viele Freunde haben. Ich selber werde besser nicht unterzeichnen, weil das mehr abstoßen könnte; wenn aber der Klerus Ärgernis nimmt, werde ich eine Erklärung abgeben. Aber natürlich dafür, daß ich bisher vom Kultusmin. gefragt wurde, also ein stilles Veto hatte, muß ich zur Sicherung der Theologen -Erziehung ein Äquivalent finden. Ob Georgianum mit der Fakultät steht und fällt, wäre abzuwarten.

Geheimrat Grauert: Es soll eine öffentliche Kundgebung im Odeon erfolgen und bei dieser Gelegenheit sollen Prinz Max von Baden und ich einen feierlichen Appell an Wilson richten, ob denn das deutsche Volk sterben soll. Bei diesen Bedingungen, Morgen darüber Beratung. Seinen Brief morgen zurückschicken.

Reinhold Geiss, befreundet mit Baron Fugger. Ich soll ihm einen Hausgeistlichen schicken - dafür muß er sich an Bischof Keppler wenden.

Ex Minister Breunig, spricht sehr salbungsvoll: Die Offiziere hätten zu wenig Fühlung mit den Soldaten gehabt, er hätte das vorausgesehen.

Marie von Velics, Königinstraße 5. Freundin von Baronin Apor, körperlich sehr gebrechlich, mit Aenny Münz: Ich schenke ihr Bücher von der Frontreise und dazu: Sonne bleibt Sonne, auch hinter den Wolken. Vater gestorben.
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Digitalisat Faulhaber-Edition