Tagebucheintrag vom 26. September 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 79,80

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26. September. Generalvikar über schwere Verwaltungssachen. Man wolle, daß auch die Klöster die kleine Hostie um 50 000 M. verkaufen, wie der Wachszieherverband sich gegen die Wachsfabrik der Geistlichen beschwerte.

Oberin von Guten Hirten, Mutter Bernarda (die in diesem Hause gefirmt wurde), und Begleiterin - kommen vom Bauernhof Weberhof bei Straubing und berichten. Wir einigen uns, die 25 000 Dollar von ihren Häusern in Amerika als Anleihe zu verlangen, und ich schreibe zwei Empfehlungen.

Maria Liebel - gratuliert zum Namenstag. Mit Vogesen-Kirsch.

Nachmittags Frau Berkmann aus Pforzheim: Ihr Mann noch dreimal Käs aus Bayern hinausgebracht und soll dafür sechs Monate „einrücken“. Ich gebe eine Empfehlung, weil Vollzug der Strafe die Familie ruiniert.

Zeichen der Zeit: Eine Frau bittet um Unterstützung und legt für Porto senden 1 Million bei. Schüler der Fortbildungsschule Aibling kommen, die Seminarien machen mir Sorgen, sammeln und schicken 24 Millionen 24.9.23.

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Abends 19.00 Uhr Nuntius Pacelli: Kommt von Berlin zurück. Die deutsche Regierung hat den Botschaftern eine „Anregung“ zur Beilegung des passiven Widerstands ausgehändigt, der französische Gesandte hat sich geweigert, den Zettel auch nur entgegenzunehmen. Dem Reichspräsidenten Ebert hat er auf den Einwand „Aber der Kardinal Faulhaber hat solche Reden gehalten“ erklärt: Er hat gegen die Revolution gesprochen (mit Recht), aber nicht gegen die Republik. Dem Stresemann, der fürchte, seine Referenten werden gegen das b Concordat Schwierigkeiten machen, erklärte er: Vergessen Sie nicht, es gibt in Bayern noch Bischöfe und an der Spitze einen Kardinal Faulhaber, und wenn er eine Rede hält, steht das ganze Volk hinter ihm - timor salutaris. Er habe offen in Berlin über mich gesprochen - er könne es mir gegenüber nicht wiederholen. Brauns sehe sehr schwarz, Ruhr und Rhein werden sich loslösen und dann allgemeines Chaos. Andere berieten den Krieg und hielten „Fühlung mit den Russen“. Morgen hier Generalstaatskommissar, sagte ihm Krausneck auf der Straße und ebenso: Es wird mit dem Konkordat gutgehen. Wegen des Sixtinischen Chores habe er nur auf Weisung von Rom Empfehlung geben wollen - aber diese Weisung sei nie gekommen. Meine Punkte: In Freising statt Weltsgeschichtsprofessur mehr Philosophie - er stimmt warm zu. Mit Canonicaten hier bis Concordat warten. Der Internacio Katolica-Tag in Konstanz - der Bischof sehr zurückhaltend. Unser Ludwigmissionsverein schließt sich an die Propaganda-Kongregation an. Wachszieher und Hostienbäcker werden an ihn schreiben.

Brief Nik. Heller bei Eichstätt, 6.9.: In einem D-Zug hätten Herrschaften wohlwollend über mein Wirken gesprochen. Dabei erwähnt, ich hätte Unstimmigkeiten mit meiner Schwester gehabt (woher solche Lüge? Fräulein Preiß?) und suche eine Privatsekretärin. Der verstorbene Bruder habe sich die Volksausgabe von mir genannt. Deshalb habe er Fräulein Nowak an mich gewiesen.