Tagebucheintrag vom 29. August 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 61,62

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29. August. Abordnung der Meßner: Von der Gesamtkirchengemeinde bekommen sie zu wenig. Martin Egger von Heilig Geist führt das Wort. Bringt eine Eingabe. Wir sprechen die einzelnen Punkte durch. Siehe besonderes.

Zweite Abordnung Herr Sedlmayer, Vertreter des Landesverbandes der deutschen Beamtengewerkschaften, Dreimühlenstraße 14, Block 14 (?), und die katholischen Vereine, darunter Frau Hofrat Ammann. Gestern war eine gemeinsame Versammlung und in deren Namen - ich wiederhole, was in der ersten Abordnung gesagt.

Pater Provinzial, Franziskaner: Über Pater Cyprian, der austreten will. Krankheit, weil er sich nicht versetzen lassen will. Im Kloster leichter als in der Welt, also soll er bleiben.

Herr Malburg aus Amerika, der Mann von Richrath - bringt Brief und 50 Dollar, die an Heide geschickt wurden, Briefe von seiner Frau
Es könnte Richrath Malburg oder Mary Jaeger, Ehefrau von Heinrich Heide, gemeint sein.
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Exzellenz Stöckle: Der Sohn in Sankt Cajetan, hat promoviert. Er will jetzt weltliches Recht studieren, kann aber die 11.00 Uhr nicht mehr halten. Ob ich damit einverstanden sei, wie mein Vorgänger? Ich muß wünschen, daß die Herren in die Seelsorge gehen, besonders Schulstunden übernehmen - Zusage für Anstellung in der Diözesanverwaltung kann ich nicht machen, die Habilitation ist auch eine unsichere Sache. Ich will sehen, ob sich eine andere Stelle findet -

Prinz Clemens bringt von verkauften Kunstsachen und Juwelen 288 Millionen, die er mir in seiner treuherzigen, gutmütigen Art persönlich in die Hand geben will.

Abt von Scheyern - wegen Pater Gallus in Frauenwörth.

Nachmittags die zwei Schwestern, Dienerinnen des Heiligsten Herzens Jesu, von Wien kommend, wo sie fünfzigjähriges Jubiläum ihrer dortigen Niederlassung mitfeierten - bringen Dankesbrief der Generaloberin und 200.000 Kronen für die neulich ihnen geliehenen 10 Millionen M. Da heute 100.000 Kronen = 8 Millionen sind, gebe ich ihnen die Hälfte wieder zurück.

Frau Hubing, Lehrerin in Wildsteig, klagt, daß Pater Göttler von dort zu langen Gottesdienst halte und dadurch den Kirchenbesuch der Schulkinder unmöglich mache, nicht lesen könne, im Vorbereiten starr bleibe, in der Predigt zum Lachen reize - ich darf die Sache untersuchen lassen.

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S.J. Le Père Paul Doncoeur, Redacteur aux Etudes, Paris: Kommt vom Jugendtag in Innsbruck und will, da die Jesuiten für Versöhnung der Völker arbeiten könnten, junge Leute hierher bringen. Er hat beim Katholikentag hier geredet vor der Jugend. Warum nicht bekannt, daß Poincaré das Ruhrgebiet räumen will, wenn er 50 Milliarden M. erhält und England 40 garantiert? Ich sage: Die deutschen Bischöfe haben die letzte Brücke abgebrochen, darum wollte ich die erste bauen. Beim Conclave sehr brüderlich. Am Rhein gegen Wunsch der Bischöfe sehr gut. Er selber sagt gegen seine Regierung kein Wort. Deutet an, ob der Süden sich trennen wolle - keine Antwort.