Tagebucheintrag vom 9. Juli 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 44,45

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9. Juli. 7.00 Uhr Firmung in der Hauskapelle, darunter Graf von Lüttichen mit Pfarrer Kolb von Feldafing als Pate. Seine Schwester immer noch krank hier. Ich spreche über Beziehung zwischen Taufe und Priesterweihe.

Paz: Wegen Reise nach Spanien. Über Gusti bei Alexander. Ich soll nach Spanien, solange noch Monarchie.

Graf Konrad Preysing: Ob er zum Katholikentag nach Köln gehen soll? Ja, natürlich mit Tribünenkarte. Auf der Sitzung des Lokalkomitees sei leider kein Wort zur Sühne für Vorkommnisse auf dem Katholikentag München gefallen. Adenauer habe verbreitet, ich hätte von Rom ein Miramur bekommen - die Tatsache meines Briefes von dort darf man gebrauchen.

Baronin Moreau: Ihr Sohn
Es könnten entweder Friedrich von Moreau, Ferdinand von Moreau oder Konrad von Moreau gemeint sein.
in Ulm mit dem Pferd gestürzt beim Rennen. Drei Beichtväter hätten ihr gesagt: Nicht mehr Martha sein, sondern jetzt ganz auf das Sterben sich vorbereiten - alle drei unabhängig voneinander. Während Urlaub die Armenbriefe nicht an Knobloch übergeben, sondern im Haus lassen für Nikitin.

Baron Cramer-Klett - kommt von Rom zurück. Hat bei Pizzardo davon gesprochen, daß Adenauer über mich verbreite, ob er ihm schreiben soll (Pizzardo wehrte erst ab), dann schrieb er ohne Schärfe und Adenauer antwortete sehr matt: Er hätte gehört und tatsächlich hätte ich monatelang geschwiegen. In der Audienz habe der Heilige Vater gesagt: Darum sei der Kardinal so angesehen und hochgepriesen, weil er sich allen Parteien fernhalte (er selber in Mailand fern von der Volkspartei). Ein französischer Prälat hätte gesagt: La lettera del Papa è l'atto di un matto. Der belgische Gesandte hätte gesagt: Der Heilige Vater sei für das Blut an der Duisburger Brücke verantwortlich. Es sei unerhört, wie sich die Franzosen über diesen Brief aufgeführt hätten. Heute freilich glaube man, das Telegramm an Pacelli sei eine Überrumpelung gewesen.

Prälat Müller
Es ist unklar, ob es sich um Ludwig Müller oder Eugen Müller handelt.
mit Herrn Baron [      ] Es sei jeden Tag ein Gesetz gegen Großgrundbesitz zu erwarten (wahrscheinlich zielt es gegen meine Stellungnahme) Was tun, um das Siebte Gebot zu retten. Er habe bei Rerum novarum mitgearbeitet!!

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Er will mir seine Schrift zuschicken. Als Vorsitzender der Konservativen hat er das Zentrum gespalten: Spahn für 18 Millionen Militärvorlage, Erzberger dagegen. Er geht an Stöcken und spricht einen hohen Ton.

Herr von Puttkammer - kommt von Ludwig Ferdinand, will nach Mailand, wo er schon jahrelang gelebt, besonders als Musiker. Er will Geschäfte machen und Beziehung zu Italien. Ich setze ihm wie vielen anderen auch in Amerika auseinander: Meine früheren Pläne waren Reis und Mais, Schafwolle und Tierhäute, gegen landwirtschafltiche Maschinen, Maffei Speziallokomotive, kommen leider nicht mehr in Betracht, Farbstoffe und Chemikalien. Im Laufe des Gesprächs habe ich freilich den Eindruck, er sucht einen Vorspann für seine Geschäfte. Die Einleitung war übertrieben schmeichelhaft: Er habe glühende Verehrung für mich, erinnert an Straßburg (wo es freilich nicht so rühmlich war, sein Vater ging 1901). Am Schluß zwei Unterschriften auf Postkarten gegeben für seine Frau, die auch große Verehrung hätte.

Prälat Hartig: Münze für Korbiniansjubiläum prägen - wenn einer das Metall ihm gibt. Der Brief von Fidelis. Will die Bibliothek ordnen.

Abt Bonifaz - will nur danken und mußte dafür sehr lange warten.

Nachmittag Kloster der guten Hirtinnen besucht - die 300 Dollar von Amerika abgegeben. Den Rat gesprochen über Neuwahl: Nach den Konstitutionen wird vom Anger aus „ernannt“. Vor Gemeinde über Amerika gesprochen.

Abends ins Mutterhaus, von Oberlandesgerichtsrat Christ begleitet.