Tagebucheintrag vom 19. März 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 30-31

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Montag, 19. März, zum ersten Mal wieder gesetzlicher Feiertag im Sinne der Gewerbeordnung - darum scheint nach langer Zeit wieder einmal die Sonne.

7.00 Uhr Firmung in der Hauskapelle: Konvertitin Charlotte Baumann, Schauspielerin, war in der Haushaltungsschule in Haag, durch Pater Rupert Mayer dorthin gebracht und dort unterrichtet, die zwei Kinder von Baronin Cramer-Klett, Marianne und Regina, ein 72jähriger Mann, der still in sich hineinweint während der Ansprache.

Studentenabordnung Beck, Dr. von Müller - von der wirtschaftlichen Hilfe. Danken für die Papstspende, und überreichen ein Dankschreiben, auch den Studententaler für mich. Ich soll einmal in der Universität sprechen. - Das werden wir verbinden mit der Abschiedsfeier für den Herrn Nuntius.



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Dr. Liebel - fragt, ob ich mit nach Diessen ginge - zuerst Ja, aber dann wegen der Impfbestellung Nein.

Professor Grabmann: Wegen Mediatrixfrage. Er hat noch nicht abgeschlossen, besonders wegen der Vorfrage, ob eine Conclusion Dogma werden könne, etwas, was nicht formell, auch nicht implicit in der Offenbarung enthalten ist. Kein Zweifel, daß sie cumulativ Mutter der Gnade ist, schwer aber, ob sie in distributivem Sinn es sei. Ob nicht Himmelfahrt zuerst? Namentlich, ob nicht die Heilsvermittlung Christi, also das Zentrale vor dem Peripheren zuerst erklärt werden müsse.

Fräulein Riai (?) von Prälat Degenbeck - zeigt mir den Kopf einer Goethestatue, die sie zerbrochen hat als Zimmermädchen, überhaupt jeden Tag etwas zerbrochen. Darum wird ihr überall gekündigt. Dafür habe ich keinen Trost, aber 5 000 M. Beklagt sich, daß sie in der Marienanstalt nicht genommen wurde.

Gräfin Moy: Seelisch sehr erregt, weil sie ihren Mann nicht zum Glück des Glaubens bringe. Er faßt alles natürlich. Schweyer spricht Ernst Moy nachträglich heilig. Er sei ohne Wissen seiner Frau öfter zu den Sakramenten gegangen, habe Hettinger gelesen? Das Vaterland sei bei ihrem Mann alles, aber alle seine Kinder widersprechen ihm hier. Ein Buch? Abende am Genfer See
Es ist das Buch Abende am Genfer See von Marian Morawski gemeint.
. Unruhe zu Gott. Himmelfahrt.

Studiosus theologiae Beier von Pasing - erhält amerikanische Stipendien von 50 Dollar.

Nachmittag Maria Huber - fürchtet sich vor der Operation, will zu Ach gehen.

Fräulein Baumann, die Konvertitin von heute früh, will bald heiraten nach Crefeld, Franz Rauh, mit den Schwiegereltern
Es handelt sich um Herrn und Frau Rauh.
nicht versöhnt, will mir ein Pergamentbuch verkaufen - Weiß nicht wohin.

Besuch Karlstraße, weil Seboldt krank und Kreill kränklich ist. Im Habit als Sterbekleid.