Tagebucheintrag vom 12. März 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 28

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Montag, 12. März: Baron Ow-Wachendorf hat das Vatikanreferat im Auswärtigen Amt und ist auf der Reise nach Rom: Über den Einbruch bei Neurath im Quirinalpalast. Über die Zustände an der Ruhr (schwer ein Vollbild aus der Ferne, die Stimmung sei unglaublich gut, sagt Kaas, und Kardinal Schulte sei unermüdlich tätig, ich zweifle, ob wir länger aushalten könnten als die Franzosen und manche Arbeiter arbeiten doch, in Bayern keine Gefahr, daß sie losschlagen, er spricht immer wieder von der inneren Einheitsfront), wie weit das bayerische Konkordat (ich gebe allgemeine Angaben, es sei wieder verzögert worden, aber jetzt mehr Aussicht, er meint, der Nachfolger von Pacelli soll kommen, sobald es im Ministerrat durchgegangen ist - mir unbekannt), über Schnittor Ehe, also ohne standesamtliche Trauung die kirchliche (ich verteidige die Freiheit der Kirche in Sakramenten, er meint, verdächtig sei, daß die Sozialisten dafür seien), was ich von einem Reichskonkordat halte: Wäre für das Ansehen Deutschlands sehr gut, eigentlich die notwendige Folge einer gesandtschaftlichen Beziehung, man durfte Frankreich nicht zuvor kommen lassen, ein bloßes Rahmenconcordat, das Sachsen, Thüringen freigibt, hätte für uns wenig Interesse, - durch ein annehmbares Reichsschulgesetz wäre ein großes Stück weiter gefördert. Ich nenne einige Punkte, die im Konkordat sein müßten, zum Beispiel Freiheit der Orden bereits durch die Reichsverfassung gegeben.

Prinzessin Paz: Apata sehr zornig und dann reut es ihn wieder. Der Koch soll ausziehen. Sie wollte für die Apanage Steuer zahlen, aber der Botschafter in Berlin lehnt es ab, mit Recht, weil dann rückwärts zu zahlen und große Summen. Die Familie soll 800 Millionen Abfindung bekommen und das ist ihr zu viel. Das Buch über Franz Sales bereits fertig - einiges für mein Seminar.

Prinzessin Hildegard - bringt von Moos acht Pfund Hostienmehl mit als Lohn für vier Schnecken. Hat bei Caspar und Marie Therese Kinderfrauendienste tun müssen und darüber glücklich. Mit Mutter Edith gesprochen.

Nachmittags bringe ich Brief zu Herrn Primbs, Landwehrstraße 1, und die zerbrochene Brille von Gersau.

Maria Kreill - ob Pensionierung für Seboldt - lieber warten bis April. Das Gehalt in der Hypothekenbank größer als in der Staatsbank, aber die Pensionsverhältnisse nicht so günstig.

Herr und Frau Primavesi aus Cleveland, er ein Münsteraner, sie geborene Faulhaber - will einmal einen Bischof ihres Namens sehen, erhält Fotografie. Über Oberammergau.