Tagebucheintrag vom 11. März 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008, Seite 27-28

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Sonntag, 11. März. 8.00 Uhr Taubstummengottesdienst in Sankt Elisabeth mit zwei Firmungen und allgemeiner Osterkommunion. Mooshammer predigt in der Zeichensprache. Ich spende ihnen 40 000 M.

Baronin Hertling
Es dürfte Ottilia Maria von Hertling gemeint sein.
mit zwei Lehrerinnen: Ob ich die Jugendheime von Sankt Silvester - Ursula einweihen könne? Unsicher, ob ich hier bin. Bis Charsamstag Nachricht.

Berta Neuner vom Akademischen Bonifatiusverein - bringt Bericht und erhält 5 000 M. Sehr pessimistisch, es sei kein rechter Besuch der Versammlungen. Am besten kommen die Freistudenten und Hochland, viel mehr als die Korporationsstudenten.

Baronin Freyberg - überbringt Einladung zur Sitzung des Fürsorgevereins. Geht ans Ordinariat.

Gräfin Tattenbach: Halten stundenlange Vorträge über neue Anträge der demokratischen Partei zum Reichsschulgesetz. Wird sehr vieles verschlechtert. Hier in München geht die Aufklärung in aller Stille weiter. Frau Stadtrat Schultes soll etwas tun. Die Berliner hätten guten Willen und es sei peinlich, ihnen immer wieder Vorhalte zu machen. Ob Frau Lang ihrer Aufgabe gewachsen und nicht mit den Deutschnationalen zu viel liebäugelt? Wohl in guter Absicht.

Frau Dr. Knippen: Ist Generalsekretärin der „Vereinigung für Familienhilfe“ geworden und soll im Land herumreisen mit der Gehaltsklasse 9 - also gerade das Gegenteil von meinem Vorschlag. Dabei betonte Pater Muckermann, es sei alles mit mir vorbesprochen. Ich halte nach wie vor in erster Linie auf ein Mütterheim und dort soll sie Hauserzieherin sein und sich eine Praxis schaffen. Muß demütig sein und 60 000 annehmen, weil sie für den Tag 10 000 braucht.

Dr. von Rintelen - kehrt nach Potsdam zurück und hat jetzt den Dr. phil. gemacht. Gruß an Mutter und Tante. Will in die Diözese Cöln eintreten - dafür muß er sich dort anmelden.

Geheimrat Grauert - dankt für Albertus-Magnus-Spende. Sein Nachfolger ist Professor Günter, Tübingen, der kritisch über Legenden geschrieben, er soll sich mir bald vorstellen, meint er, und er gab ihm das Zeugnis eines guten Katholiken. Kampers, Breslau, der Sagenforscher, auch über morgenländische Sagen, sei abgelehnt worden. Schürer, Freiburg, sei auch nicht in Frage gekommen.

M. Weyrather - wegen Gottesdienst für Hölzle - auf Karwoche festgesetzt.

Nachmittag, 15.00 Uhr, Marie Fitz - Umzug bald vollendet, ob Lire kaufen (stehe 900 M.).

Ich besuche im Krankenhaus Luisa Reitmeyer, die immer noch nicht gehen kann, noch Schmerzen hat, aber jetzt nach Ströbing geht.

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18.00 - 19.00 Uhr Nuntius Pacelli: 1) Über das Konkordat (er selber hat neunzig Seiten nach Rom geschrieben), von der Staatsregierung ist jetzt die lateinische Übersetzung gekommen. Darin aber statt „für den Professor an der Universität muß ein anderer geeigneter substituiert werden“, steht wieder der Ersatz, „suppleat“, was eine Entfernung des ersten nicht in sich schließt! In der Not werden die Reichnisse an die Bischöfe als freiwillige Leistung erklärt! Klagt bitter über Wohlmuth: Der machte ihm vor dem Staatsbeamten Goldenberger Vorwürfe: Er läßt sich von nicht unterrichteten Personen beeinflußen, es sei gut, wenn die Freiheit der Kirche ein wenig durch den Staat eingeschränkt werde, der Nuntius habe der Sache geschadet. Wohlmuth terrorisiert die anderen: Denn Held war zuerst mit einem Dreiervorschlag einverstanden, dann in Gegenwart von Wohlmuth nicht mehr. Nuntius: „Ich gestehe, ich wollte zuerst an den Bischof von Eichstätt schreiben, dann aber der Sache wegen ...“ 2) Wegen der Zuschrift von Gasparri an die drei Kardinäle
Es sind Michael von Faulhaber, Adolf Bertram und Karl Joseph Schulte gemeint.
hätten die zwei anderen
Es sind Adolf Bertram und Karl Joseph Schulte gemeint.
geschrieben, die Veröffentlichung sei nicht gut. Sehr feiner Verweis für mich. 3) Ob ein russischer Bischof in Deutschland und eventuell auch in Bayern der gleiche? Ja, ähnlich wie Militärbischof, aber über die Statuten aufnehmen. 4) Der verhaftete Professor Fuchs ist wohl, falsch gelesen, der früher genannte Sachs .